OSTEUROPAtour 2005
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Tag06 Ceske Budejovice-Brno
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MÄHREN: HEISS UND GELB

Draußen in der Küche spült jemand ab. Es ist auch schon hell draußen. Wir haben doch nicht etwa verschlafen? Ich hole mein Handy von der Steckdose, das ich hier endlich mal aufladen konnte (in Prag hatten wir keine Steckdose auf dem Zimmer - keine einzige! -, dafür hier in České Budějovice mehr als genug), schau auf die Uhr: 4:56 Uhr! Och nee. Ich leg mich wieder hin.

Irgendwann wache wieder auf. Es ist schon total hell draußen. Ein Blick auf die Uhr: kurz nach sechs. Noch ne halbe Stunde, bis der Wecker klingelt.

Das Bad ist frei, als ich aufstehe. Wunderbar. Möglichst zügig machen wir uns fertig, besorgen beim Julius Meinl noch Verpflegung in Form von Brötchen, Käse, Leberkäse, Stangen, Keksen und Wasser bzw. Wasser mit Zitronengeschmack, kaufen Tickets nach Brno und steigen in den Zug, der schon schon auf dem Gleis wartet.

Wir spielen mit dem Gedanken, einen Abstecher nach Telč einzuschieben, weil wir es ja so geplant haben. Nur hätten wir dann heute kaum Zeit für Brno. Und nur wegen einem Platz und dem Renaissanceschloss nach Telč zu fahren... Wir haben ja schon genug Plätze und Schlösser inzwischen gesehen. Brno bietet da doch einfach mehr.

So beginnen unsere 4,5 Stunden Zugfahrt nach Mähren. Mein erster Eindruck: Während es in Böhmen viele Wiesen und Wälder gibt, besteht Mähren vor allem aus Feldern und Wäldern. Vor allem die Felder sind gigantisch. Dazwischen aber auch immer mal wieder idyllische Wälder mit schönen Wochenendsiedlungen, die hierzulande viel weiter verbreitet zu sein scheinen als bei uns. Übrigens: Der Zug nach Telč wartet auf den Zug aus České Budějovice in Kotelec - nur zur Information. Das Fazit unserer Fahrt: Böhmen ist grün, Mähren ist gelb.

In Brno kommen wir auf einem Seitengleis an. Direkt gegenüber des Bahnhofs auf der anderen Straßenseite befindet sich ein Büro der Touristeninformation, die uns sowohl bei der Zimmersuche als auch bei der Buchung einer Führung durch die Villa Tugendhat von Mies van der Rohe behilflich ist.

Das Zimmer befindet sich (mal wieder) in einem Studentenwohnheim ganz in der Nähe, das dazu auch noch recht neu wirkt. Wie in Cheb auch teilen sich zwei Doppelzimmer ein Badezimmer. Als Bonus kriegt man hier jedoch noch einen Fernseher. Der Spaß kostet zusammen 520Kč. Kurz erholen - vor allem von dieser brütenden Hitze, die so richtig ekelig schweißtreibend ist. Außerdem mag ich ein frisches T-Shirt anziehen, weil ich voll die Schokoflecken von den Disko-Keksen hab.

Wir ziehen los in die Stadt. Auf dem Marktplatz der Altstadt (Zelný trh) finden gerade ein paar Sanierungsarbeiten statt, doch daneben läuft das normale Markttreiben weiter. Beim Julius Meinl (die Ösis scheinen die Supermarktlandschaft in Tschechien enorm präsent zu sein) besorgen wir was zu trinken, bevor wir hinauf zur Kathedrale steigen. Die wurde im Inneren fast komplett barockisiert, obwohl sie von außen total gotisch ist. Zurück auf dem Zelný trh begutachtet Christoph den Parnassusbrunnen ausführlich, bevor wir in die Krypta des Kapuzinerklosters gehen, um uns mumifizierte Körper anzusehen. Wie in Kutná Hora trifft für mich "bizarr" am besten das Gesehene, auch wenn ich mir selbst bei diesen Mumien nicht vorstellen kann, dass das mal richtige, lebende Menschen waren. Vielleicht hab ich auch ein Problem damit, diese Mumien überhaupt als Menschen anzusehen. Christoph hat sowohl in Kutná Hora als auch hier einen deutlich geschockteren Eindruck gemacht als ich.

Wir begeben uns zum großen Platz, auf dem man beim Schlendern durch die geschäftige Fußgängerzone automatisch gelangt. Im Schatten der großen, mal mehr, mal weniger prächtigen Häuser lässt es sich noch aushalten. Es geht noch zur Jakobskirche, um die kleine Figur zu sehen, die ihren blanken Hintern in Richtung Kathedrale streckt, dann haben wir noch etwa zwei Stunden Zeit, bis wir an der Villa Tugendhat sein sollen. Zu wenig, um auf die Burg zu steigen oder ins Mendelmuseum zu gehen. Beides verschieben wir auf morgen Vormittag, zumal beides auch in der total anderen Richtung liegt. Statt dessen durchstöbern wir mal einen CD-Laden, in dem im Hintergrund gerade die neueste Smash-Mouth-CD läuft und begutachten die aktuellen Charts usw. Bei McDonald's verspeise ich mal eine ChickenRoll, Christoph kauft bei Kenvelo im 'Happy Summer Sale' ein grünes T-Shirt, wir schauen auch noch in den H&M und kriegen jedes Mal einen Kälte- bzw. Hitzeschock durch die teilweise sehr stark tiefgekühlten Läden. Fast schon schockgefroren. An manchen Läden brauchen wir ja nur vorbeizugehen und frieren regelrecht ein. 

Wir machen uns auf den Weg zur Villa Tugendhat. Laut allen einsehbaren Plänen geht es einfach immer geradeaus. Irgendwann, nach einer Weile, sind wir uns nicht mehr ganz so sicher. Wir schauen jetzt doch mal kurz auf dem Flyer nach und stellen fest, dass wir gerade an der angegebenen Straßenbahnhaltestelle stehen. Doch nicht zu weit gelaufen. Bei der Hitze und der Sonne macht das nämlich absolut keinen Spaß. Jetzt entdecken wir auch ein Schild. Links geht's weiter. 

Wir laufen noch ein Stück, dann stehen wir als erste davor. Die Villa macht ja keinen ganz frischen Eindruck mehr, aber naja. Mit vier anderen Pärchen werden wir durchs Haus geführt. Eines davon ist ein holländischer Architekt mit seiner Frau, der voll auf Mies van der Rohe zu stehen scheint, wie wir in Gesprächen mit ihm so heraushören. Wir bekommen einen deutschen Text und nach den Tschechen eine kurze extra Erklärung in Englisch bei der Führung durch eine Studentin, allerdings auch erst, nachdem sich der holländische Architekt beschwert hat, weil sie zuerst gar nichts auf Englisch gesagt hat. Von der Originalausstattung ist nicht mehr allzu viel erhalten, aber man kriegt doch nicht zuletzt durch die ausgestellten Fotos einen recht guten Eindruck, wie das ganze Haus einmal konzipiert war. Zum Abschluss darf man eine Runde durch den Garten laufen, vor allem um Fotos zu machen. In den nächsten zwei Jahren soll die Villa Tugendhat (übrigens auch UNESCO-Weltkulturerbe) komplett renoviert werden, denn wie man auf den Fotos auch sieht, ist das Gebäude wirklich nicht mehr im besten Zustand, vor allem von außen.

Zurück in der Innenstadt kaufen wir - mal wieder - nach vergeblicher Toilettensuche in einem Park bei Julius Meinl, diesmal ein anderer in einer kleinen Einkaufspassage, in der es auch Toiletten gibt. So, mit Getränk und leerer Blase machen wir uns auf die Suche nach einem gescheiten Restaurace fürs Abendessen. In der Nähe des Zelný trh entscheiden wir uns fürs Restaurace Ačko. Die beiden Kellner sind eindeutig schwul, vielleicht sogar zusammen, vielleicht gehört ihnen der Laden sogar, aber auf jeden Fall finden sie das "Schnappi"-Lied ganz toll... Wir sitzen auf einem schmalen Balkon zwischen roten Geranien und lassen es uns schmecken. Als wir fertig sind und rausgehen, entdecken wir noch eine Dachterrasse, die riesig und ebenfalls gerammelt voll ist. 

Wir schlendern noch etwas durch die Stadt und werfen am Obelisken einen Blick auf Brno von oben. In einer Kolonnade findet wohl gerade so etwas wie ein Salsa-Tanzkurs statt. Auch wenn Brno von hier aus nicht unbedingt seine schönste Seite zeigt, ist es mit der einsetzenden Dämmerung doch irgendwie gemütlich - was auch einige andere Leute finden, die es sich hier auf den Parkbänken bequem gemacht haben.

Unser abendlicher Streifzug führt uns noch am beleuchteten Rathaus und an der Jakobskirche vorbei, hinter der übrigens gerade ein Red-Bull-Barkeeper-Wettbewerb stattfindet. Mit möglichst spektakulären Einlagen werden hier Cocktails zubereitet und anschließend im Publikum serviert. Uns hat es vor allem hierhin gezogen, weil man die Musik und das Gelaber des Moderatoren schon von weitem gehört hat.

Auf dem Weg aufs Zimmer begegnet uns eine Frau mit ihrem Kind, die ihren "Kampfhund" nicht so ganz unter Kontrolle zu haben scheint, denn als sie ihn an die Leine nehmen will, haut der ihr ab. Also nimmt sie ihn wieder von der Leine, als er wieder bei ihr ist, und der Hund rast wie ein Bekloppter durch die Gegend. Aber er hat, glaub ich, einen Maulkorb gehabt - wie überhaupt sehr viele Hunde hier in Tschechien.

Den Abend lassen wir mit dem Fernsehprogramm ausklingen. Es gibt ganze zehn Sender, davon aber sogar zwei deutsche: RTL und Vox. Auf Vox läuft eine SpiegelTV-Reportage über den Umbau der MS Europa. Ich find's immer noch ziemlich bescheuert, jeden Tag aus Deutschland frisches Obst aus und frisches Gemüse dem Schiff hinterher zu fliegen. 


FAHRTENBUCH

abfahrt start ziel dauer km typ preis
8.13 České
Budějovice
Brno hl.n. 4h21 236 R 118Kč
  České
Budějovice
Brno hl.n. 4h21 236   118Kč
R=Rychlík, ein einfacher Schnellzug, entspricht etwa dem RE bei uns.
Die Angaben bezüglich der Dauer der Fahrten stammen aus dem Kursbuch und stimmen nicht unbedingt mit der realen Fahrzeit überein. Da ich nämlich keine Lust hatte, mir penibel jede Verspätung aufzuschreiben, sei hier einfach mal die Zeit erwähnt, die wir normalerweise im Zug hätten sitzen sollen. Das trifft übrigens auf die Fahrtenbücher zu allen Tagen zu.

Es wird langsam Nacht in Brno...


weitere Bilder aus Brno















































































































































































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