"...WHERE EXPLORERS ARE HEADING."
Immerhin können wir heute mal
ein bisschen länger schlafen, bevor wir unser Braşover
"Sport"hotel verlassen. Wir wollen erstmal zum Bahnhof fahren
und dort nach etwas Essbarem zum Frühstück suchen, denn den Zug
verpassen wäre ein ganz schlechte Idee. Es geht wieder den Bulevard
entlang vor zum Theater. So langsam kennen wir das Zentrum der Stadt
echt in- und auswendig.
Der Bus kommt sofort und fährt uns direkt durch die nach
stalinistischem Vorbild hochgezogene Vorstadt zum Bahnhof. Ging sogar
schneller als gedacht - wir haben noch etwa eine halbe Stunde zum
Totschlagen. Wir werfen einen Blick ins Bahnhofslokal, aber ne, da
wollen wir nicht rein. Vielleicht mal diesen 'Fornetti' ausprobieren?
Bloß berechnet der nach Gewicht. Kurz zur Erklärung: Fornettis sind so
kleine Blätterteigtaschen, die es mit verschiedenen Füllungen gibt:
Marmelade, Pizzasauce etc. (siehe www.fornetti.ro
oder für Deutschland www.fornetti.de
- wusste gar nicht, dass es das auch hierzulande gibt). Wir nehmen von
jeder Sorte zwei Teile und bezahlen deutlich weniger als gedacht. Und
leider sind sie auch gleich alle aufgegessen, bevor wir überhaupt in
den Zug gestiegen sind, denn die schmecken einfach so genial, vor allem
weil sie noch so warm sind!
Der Zug nach Bukarest ist übrigens genau derselbe, mit dem wir gestern
von Sibiu hierher gefahren sind - und wie gestern auch hat er ein
bisschen Verspätung (heute sogar etwas mehr als gestern) und es stehen unendlich
viele Leute am Bahnsteig. Kaum zu glauben, dass die echt alle einen
Sitzplatz in den drei Triebwägen finden sollen. Aber normalerweise
herrscht ja Sitzplatzreservierungspflicht.
Als der Rapid endlich auftaucht, klappt alles auch perfekt. Es ist zwar
ziemlich voll, aber es muss niemand stehen. Die erste Hälfte der Fahrt
ist echt der Wahnsinn. Die Berge kommen näher, die Karpaten, die bis
über 2500 Meter hoch sind, schon fast zum Greifen nah - und Christoph
pennt oder liest und kriegt von alldem gar nicht groß was mit. In
Sinaia steigen zwei Holländer zu, die in der Vierergruppe neben uns
Platz nehmen. In allen Reiseführern wird von Sinaia übrigens immer
total geschwärmt, aber ich muss sagen, vom Zug aus hat der Ort selbst
jetzt nicht so übermäßig besonders toll gewirkt. Kann natürlich
sein, dass sich der Charme erst in einem anderen Teil der Stadt
entfaltet.
Hinter den Karpaten wird es schnell sehr flach. Einige Flüsse kreuzen
unseren Weg, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie verdreckt
und zugemüllt sind. ist echt nicht mehr schön, was da herumliegt. Und
jetzt beginnt sich die Fahrt einfach nur noch zu ziehen. Endlose,
teilweise schon abgeerntete Felder, Stromleitungen, die bis zum Horizont
schnurgerade verlaufen, ein paar Orte, Städte, Industrieanlagen, dazu
wird es immer wärmer und stickiger. Natürlich haben wir auch eine
saftige Verspätung. Die arme Irina! (Irina ist eine Mitstudentin von
Christoph, die aus Bukarest kommt und uns angeboten hat, dass wir bei
ihr und ihrer Familie gerne für zwei Tage bleiben dürfen.) Wir sind
locker schon über eine halbe (oder ganze!?) Stunde zu spät. Ich kenne
Irina übrigens noch gar nicht, nur aus Christophs Erzählungen, und bin
darum umso mehr auf sie und die Stadt gespannt, zumal der Lonely Planet
auch zu Bukarest schreibt: "Forget Prague, forget Budapest -
Bucharest (Bucureşti) is where explorers are heading. This is
Eastern Europe's secret - but it's about to get out. It has a
fascinating mix of architecture that maps Romania's chequered history
The ugly face of communism created by is bloody counterpart Nicolae Ceauşescu
sits alongside the incredible beauty of Romania's elegant past and its
Parisian pretensions. Down dingy side streets flanked by Soviet-style
high-rises are exquisite 18th-centure monasteries, pretty gardens and
ornate Orthodox churches. (...) Yet this city has soul - and the fun is
in finding it."
Die Einfahrt auf dem Gara de Nord von Bucureşti
erinnert mich irgendwie an die Einfahrt in den Münchner Hauptbahnhof.
Ganz viele Gleise und an den Seiten große Häuser, Wohnblöcke
usw.
Irina empfängt uns im Minikleid. Wir erzählen ihr natürlich zuerst
unsere Eindrücke von Rumänien, während sie uns in die Metro lotst,
deren Züge so ein 70er/80er-Space-Feeling verbreiten. Die Stationen
selbst sind natürlich Geschmackssache, aber zumindest sind sie
unverwechselbar. Am Piaţa Unirii müssen wir umsteigen. Irina muss
sich teilweise selbst erstmal wieder orientieren, weil sie schon so
lange nicht mehr da war. Allerdings gibt sie auch selbst zu, das sie
während ihrer Schulzeit viel Zeit zuhause mit Lernen verbracht hat und
dementsprechend auch nicht so häufig unterwegs war. Irina spricht
übrigens perfektes Deutsch, fast schon zu perfekt. Sie kennt alle
möglichen Redewendungen, benutzt Wörter, die ich höchstens alle
Jubeljahre mal hervorhole und macht nur ganz, ganz selten mal einen
Fehler. Vielleicht fehlen ihr einfach so ein bisschen die
umgangssprachlichen Floskeln und Abkürzungen, die ihr Deutsch noch
einen Ticken natürlicher klingen lassen würden.
Eine meiner größten Ängste in Rumänien, vor allem aber in Bukarest
bezog sich auf einen Hinweis, der offenbar in jedem
Rumänienreiseführer enthalten ist. Es gibt nämlich jede Menge
streunende Hunde, die auch leicht mal zubeißen sollen mit
entsprechender Tollwutgefahr. So behauptet der Marco Polo immerhin, dass
in Bukarest täglich 25-30 Leute gebissen werden. Als wir bei Irinas
Wohnung aus der Metro kommen, ist davon aber nichts zu sehen. Die
Straßen haben halt ihre obligatorischen Schlaglöcher, gesäumt von
solchen Kastenmehrfamilienhäusern (aber nicht wirklich Plattenbauten),
die auch sehr hellhörig sein sollen (Irina behauptet, sie kenne alle
Probleme ihrer Nachbarn!), die aber noch eher niedrig sind und
überhaupt ist alles auch schön grün. Also zumindest die Gegend hier
macht doch einen recht normalen Eindruck. Eine Metrostation weiter soll
es allerdings etwas schlimmer aussehen und zugehen, wobei auch bei
Irinas Nachbarn letztens erst eingebrochen worden ist. Irina erzählt
uns übrigens auch, dass es eine offizielle Liste in Rumänien gibt, in
der die Gebäude aufgelistet sind, die bei einem Erdbeben sofort
einstürzen können. Oftmals sind das z.B. die kleinen Kinos, aber auch
etliche Wohnhäuser. Diese Gebäude sind angeblich mit einem roten Punkt
markiert (weiß nicht, ob an der Hauswand, oder doch nur auf dem
Papier). Eine Freundin von ihr hat nämlich mal in so einem Mietshaus
gewohnt und als sie erfahren hat, dass sie in so einem Roten-Punkt-Haus
wohnt, hatte sie sehr oft ziemliche Albträume. Verständlicherweise
auch, denn Rumänien ist ja auch erdbebengefährdet, schließlich wurde
1977 ja allein in Bukarest bei einem Beben extrem viel zerstört. Da das
eigentlich eine super Überleitung ist, soll nur noch kurz erwähnt
werden, dass Irina einen kleinen verwöhnten Hund hat (ihr Papa ist dran
schuld*g*) und dass wir das Wohnzimmer zum Schlafen bekommen, bevor wir
nämlich wieder zurück an den Piaţa Unirii fahren.
Dort erwartet uns Irinas Mutter. Sie ist Architektin und Restauratorin
und kennt anscheinend wirklich fast jeden Stein in der Stadt. Sie führt
uns etwas durch die Reste der Altstadt, die weder vom Erdbeben
zerstört, noch von Ceauşescu niedergewalzt worden waren. Wir sind
noch ziemlich orientierungslos, bemerken aber doch recht oft, dass viele
Gebäude, die sie uns zeigt, auch in unserem Reiseführer beschrieben
sind. So zum Beispiel die 'Biserica Curtea Veche', die älteste Kirche
der Stadt, die Teil des nur noch in wenigen Ruinen erhaltenen
Fürstehofs war. Aber es gibt noch eine andere Kirche, die viel schöner
sei - und ja, sie ist wirklich sehr schön, auch wenn bei orthodoxen
Kirchen die Variationen meiner Meinung nach eher gering ausfallen. Ich
hoffe, niemand fühlt sich deshalb angegriffen. Irinas Mutter schleppt
uns noch in ein Café, um uns das tolle Art-déco-Interieur zu zeigen,
bevor wir den Justizpalast und ein paar weitere Gebäude zu Gesicht
bekommen, die teilweise gerade renoviert werden, aber uns zum ersten Mal
zeigen, weshalb Bukarest einst auch mal "Paris des Ostens"
genannt wurde. Behauptet das eigentlich nicht auch noch eine andere
Stadt in Osteuropa von sich?
Irinas Mutter ist jedenfalls sehr freundlich, nett, zuvorkommend und
auch voll in ihrem Element - und temperamentvoll, wie sich gleich zeigen
wird, denn wir möchten schon gerne in den jetzigen 'Palatul
Parlamentului', den Ceauşescu in den 1980ern als 'Palast des
Volkes' für 3,5 Mia. Dollar errichten ließ und der nun immerhin das
größte Gebäude Europas bzw. das zweitgrößte der Welt nach dem
Pentagon darstellt. Da die Öffnungszeiten recht begrenzt sind und man
nur mit Führung hinein darf, machen wir uns gleich auf den Weg. Allein
die "Prachtallee", die direkt auf das Monstrum zuläuft und
auch komplett von Ceauşescu neu gestaltet wurde, zieht sich. Noch
mehr zieht es sich allerdings (gefühlsmäßig), wenn man von einem
Eingangstor zum nächsten geschickt wird - und die Sonne vom Himmel
knallt und es gleichzeitig keinen Schatten gibt. Der Wachmann meint, wir
hätten sowieso keine Chance, weil im Sommer so viele angemeldete
Gruppen kämen und jetzt kurz vor Schluss ja erst gar nicht und
überhaupt müssen wir das nächste Eingangstor benutzen. Also nur zur
Info: Der Eingang befindet sich auf der RECHTEN Seite, wenn man vom Piaţa
Unirii kommt.
Nach vielem Diskutieren von Irinas Mutter mit den Wachmännern schaffen
wir es schließlich an die Kasse. Vor uns ist ein Englisch sprechendes
Pärchen. Sie werden von der Kassiererin knallhart damit abgefertigt,
dass es heute keine Führung mehr für sie gäbe, nur noch eine auf
Rumänisch. Aber zu der dürften sie dann auch nicht mit wegen den
vielen Gruppen, die da mitgehen. Irinas Mutter geht an die Kasse, wir
halten uns schön zurück und sagen auch kein Wort. Nach einer kleinen
Diskussion dürfen wir bei der Führung mit (Infos unter www.cdep.ro/cic/index.html).
Für ausländische Studenten kostet der Eintritt übrigens 5 RON. Ja, es
gibt ein Zwei-Preise-System für Ausländer und Einheimische. Irina
zeigt sich übrigens darüber hinaus sehr verwundert darüber, dass eine
Fotoerlaubnis extra verkauft wird und die sogar das X-fache des
Eintrittspreis kostet (30 RON, also etwa 8,50€), aber das haben wir ja
schon öfters erlebt.
Bei der Führung ist eine angestellte Führerin dabei, die alles auf
Rumänisch erzählt, und zwei Gruppen, eine italienische und eine
französische, die jeweils ihre eigenen Dolmetscher mitgebracht haben.
Anfangs übersetzt Irina für uns ein bisschen, aber mit dem
Französischen kommen wir auch klar.
Das Inne des "Palastes" ist einfach...gigantisch, monströs,
unheimlich? Die Führung selbst ist nicht besonders spannend. Es geht
immer nur um Zahlen, Materialien und welchem Stil der Raum nachempfunden
ist. Über die Geschichte wird praktisch nichts gesagt. Die erzählt uns
dafür Irinas Mutter, denn auch sie hatte damals an diesem Palast
mitarbeiten müssen - allerdings nichts altes restaurieren, sondern
etwas erschaffen, allerdings in historischen Stilen. "It was out of
date!" Seit jener Zeit hat sie dieses ihr verhasste Gebäude nicht
mehr betreten und sie tut ihre enorme Verachtung auch offen kund. Und
das ganze wird noch verständlicher, als sie die Hintergrund erzählt,
z.B. wurde zum Geldsparen für den Palast der gesamte Strom um 20 Uhr
abgestellt, womit es stockfinster in Rumänien war. Wenn Irinas Mutter
das erzählt, klingt das einfach unglaublich. Noch unglaublicher ist
allerdings, dass diese Zeit gerade mal 16 Jahre zurückliegt. Wie das
Leben seinerzeit in Rumänien gewesen sein muss, sprengt meine
Vorstellungskraft.
Die Tour ist recht schnell eigentlich vorbei. Es gibt wird nur ein paar
Räume zu sehen. Trotzdem sollte man das Gebäude einmal gesehen haben.
Irinas Mutter möchte uns jetzt noch den Palast und die Kathedrale des
Patriarchen zeigen. Unterwegs kaufen wir noch schnell ein Eis(, das
schon wieder Irinas Mutter komplett bezahlt! - Da kriegt man ja echt ein
schlechtes Gewissen.), laut Irinas Mutter sogar eines der besten der
Stadt. Aber es schmilzt auch sehr schnell, gerade bei diesen
Temperaturen.
Auf dem Hügel in der Kathedrale der rumänisch-orthodoxen Kirche wird
gerade der Gottesdienst vorbereitet und so kommen wir mit Irina und
ihrer Mutter auch ins Gespräch generell über Religion, Gottesdienste
und Gläubigkeit. Irinas Mutter ermutigt uns auch zum Fotografieren und
dass wir keine Scheu haben sollten, selbst beim Gottesdienst nicht, der
sowieso ein ständiges Kommen und Gehen sein soll. Auf jeden Fall
behaupten sie und Irina, gläubige Menschen zu sein. Direkt neben dem
Patriarchenpalast befindet sich noch die Nationalversammlung, in der
früher mal das Parlament seinen Sitz hatte. Dann gehen wir zum Auto von
Irinas Mutter, denn es steht bei ihrem Büro, das hier direkt am Hügel
ist. Sie hat ein ziemlich neues Auto und während der Fahrt müssen auch
alle Türen verriegelt sein. Irina erklärt mir ganz genau, wie wir
wieder zu ihr kommen (ja, Irina, so schwierig ist das auch nicht, bin
doch ein helles Köpfchen:) ), bevor wir uns an der Universität
rauswerfen lassen, um selbst noch ein bisschen die Stadt zu erkunden.
Bukarest deprimiert. Abenteurer mag es vielleicht wirklich inzwischen
hierher ziehen (so wie uns auch), nachdem Prag und Budapest normale
Touristenziele geworden sind. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass
Bukarest so schnell kein klassisches Touristenziel werden wird. Vor
allem dieser ständige Autoverkehr nervt auf Dauer. Und leider ist die
Stadt jenseits der gelegentlich anzutreffenden Sehenswürdigkeiten nicht
wirklich sehenswert. Viele graue, große, unspektakuläre Häuser
säumen mal mehr, mal weniger die Straßen. Am 'Palatul Telefoanelor'
vorbei zum Haus des früheren Zentralkomitees der Kommunistischen
Partei, auf dessen Balkon am 21.12.1989 Ceauşescu seine
berüchtigte letzte Rede gehalten hatte, bevor er mit dem Helikopter vom
Dach aus flüchtete, während auf die protestierende Menschenmenge
gefeuert wurde, wobei viele starben. Gleich ein paar Schritte weiter
folgen die zentrale Universitätsbibliothek, die Reste der
Securitate-Zentrale (Securitate war die Geheimpolizei während der
Diktatur), der ehemalige Königspalast, in dem nun die Nationalgalerie
untergebracht ist, sowie das 'Ateneul Român', eine sehr elegante
Konzerthalle. An diesem Platz befindet sich übrigens auch das
Hilton-Hotel, in dem man laut 'Lonely Planet' nach Stadtplänen fragen
kann, was Christoph auch unbedingt ausprobieren will. Aber wir haben ja
eigentlich genug Kartenmaterial in unseren Reiseführern und außerdem
sieht das da drinnen so schick aus, dass ich mir wieder total
deplatziert vorkommen würde, dass wir es dann doch lassen.
Statt dessen laufen wir zum Piaţa Romană und von dort den
Bulevardul N. Bălcescu entlang wieder zum Piaţa Universitaţii,
wo wir gestartet sind. Der Bulevard soll übrigens DIE Einkaufsstraße
Bukarests sein. Es tut mir leid, dass ich Bukarest immer so nieder
mache, aber mir hat es hier einfach nicht gefallen. Ja, es gibt schon
diverse Läden, McDonald's & Co. haben sich hier auch
niedergelassen, aber einfach dieses Grau und der ständige
Verkehrslärm, die schlechte Luft... Was uns übrigens schon in Sibiu
aufgefallen ist: An einigen Ampeln gibt es Countdown-Anzeigen, auf denen
man sehen kann, wie lange es dauert, bis es wieder rot oder grün wird.
Ob das sinnvoll ist oder eher noch zum Rasen animiert, weiß ich
nicht.
Unser Weg führt uns jetzt ins 'Historic Quarter'. Da finden wir auch
gleich einen kleinen Supermarkt, in dem wir uns endlich was zu trinken
kaufen können und für Irina und ihre Eltern besorgen wir eine
Schachtel Pralinen als Dankeschön. In der Altstadt gefällt es mir ein
kleines bisschen besser, vor allem, weil da sich nicht der Verkehr
durchquält. Vielleicht findest du es seltsam, dass ich die ganze Zeit
so auf dem Verkehr herumhacke, aber stell dich mal an eine viel
befahrene Straße in Rumänien! Die Luft ist wirklich ziemlich dreckig.
Gerade als wir in die Fußgängerzone, die Lipscani, einbiegen wollen,
kommt ein junger Kerl auf uns und spricht uns auf Deutsch an! Krass. Er
fragt uns, ob wir wüssten, wo es Postkarten gibt. Das ist echt eine
gute Frage. Vorhin beim Bulevardul N. Bălcescu waren wir in einer
Seitenstraße bei der Post, um Briefmarken zu kaufen. Die hatten dort
auch Postkarten. Aber ansonsten hab ich auch noch keine gesehen.
Souvenirläden oder Touristeninformationen gibt's hier ja gar nicht. Er
bedankt sich für unsere Auskunft und macht sich weiter.
Die Str Lipscani enttäuscht uns dann auf allen Ebenen. Das kann nicht
wirklich das Zentrum des "bohemian nightlife" sein. Und dass
es eine "Summer Street, (...) alive with music and party people"
ist, kann ich beim besten Willen auch nicht behaupten. Der Zustand der
Straße ist jetzt nicht übermäßig berauschend und es gibt viele
Lücken in der Bebauung, in denen gelegentlich so eine Art
"Biergarten" anzufinden ist. Biergarten trifft's eigentlich
nicht so richtig, weil Bäume generell im Zentrum Bukarests doch eher
selten auftauchen, aber so von der Grundidee müsste es schon passen.
Aber trotzdem hatte ich mir das alles ganz anders vorgestellt. In einer
Sandwich-Bar lassen wir uns nieder zum Abendessen und müssen auch nicht
lange auf die nächste Ernüchterung warten. Von den tollen Sandwiches
auf der Speisekarte gibt es fast keine mehr und das Angebot, das er uns
mit dem kleinen Salat dazu noch aufschwatzen will, gibt es dann doch
nicht, sodass wir für einen anderen Salat auch noch mehr bezahlen
müssen. Also es hat schon gut geschmeckt, nur ein bisschen verarscht
haben wir uns dann doch gefühlt. Bettelnde Kinder, die von uns etwas zu
essen wollten, allerdings vom Personal vertrieben wurden, sowie
streunende Hunde gehören auch noch ins Gesamtbild.
Äußerst penetrante bettelnde Kinder lauern uns dann noch am 'Hanul lui
Manuc' auf, einer Unterkunft für Kaufleute aus dem 19. Jahrhundert, die
uns Irinas Mutter heute Nachmittag auch gezeigt hatte. So langsam bekomme
ich jetzt auch etwas Orientierung in der Stadt.
Viel mehr als ein bisschen Herumlaufen und einen Abstecher in ein
rumänisches Kaufhaus am Piaţa Unirii machen wir nicht mehr, denn
langsam wird es auch dunkel und wir wollen wieder zurück zu Irina.
Klappt mit der Metro auch wunderbar. Auf dem Spielplatz kurz vor Irinas
Haus spielen noch ganz viele Kinder und ein paar ihrer Nachbarn treffen
wir vor der Tür. Beim Abendessen (u.a. mit riesiger Melone) unterhalten
wir uns noch angenehm, lernen Irinas Vater kennen, der gerade von der
Arbeit kommt und machen uns irgendwann auch noch bettgehfertig. Dann
kommt eine SMS von meiner zukünftigen Mitbewohnerin Uli, die im
September bei mir einzieht. Sie müsse mit mir mal reden, wenn ich
wieder daheim wäre. Da das aber nicht so schnell passieren wird, rufe
ich sie über Christophs Handy mal an. (Er hat einen Vertrag, ich nur
Karte, sodass er viel billiger telefonieren kann.) Leider hat sie sehr
schlechte Nachrichten, denn sie wird nun doch nicht nach Würzburg
kommen, weil ihr Magisterstudiengang nun gestrichen wurde. Immerhin
bietet sie von sich aus an, die Miete für September zu übernehmen, bis
ich jemand neues gefunden habe. Für sie ist's ja aber auch doof, weil
sie ihre alte Wohnung auch schon gekündigt hatte. Gleich darauf klär
ich die Sache noch mit Flo, meinem Noch-Mitbewohner, damit er die Sache
mit unserer Genossenschaft regeln kann. Aber früher nach Hause will ich
deshalb nun auch nicht, gerade jetzt, wo wir es schon fast bis ans
Schwarze Meer geschafft haben!
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
9.00 |
Braşov |
Bucureşti
Nord |
2h23 |
166 |
R |
26,80RON* |
 |
|
Braşov |
Bucureşti |
2h23 |
166 |
|
26,80RON |
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R=Rapid
*RON=lei noi=neuer Lei (10RON = ca. 3,5€), seit 1.7.2005
parallel in Verwendung mit dem alten Lei (10RON=100.000 alte Lei) |
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Der ehemalige 'Palast des Volkes' des Diktators
Ceauşescu in Bukarest ist schlicht und einfach nur gigantisch und
monströs.
weitere Bilder aus Bucureşti
  
  
    
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