DER HOSTEL-FEHLGRIFF
Gute fünf Minuten sind es in Olomouc
vom Wohnheim zu Fuß zum Bahnhof. In kleinen Tante-Emma-Läden decken
wir uns unterwegsmit Proviant für die Fahrt nach Kraków ein. Christoph
schmeißt noch eine Karte für seine Oma, schon sitzen wir wenig später
im Os (Regionalbahn) nach Přerov.
In der Industriestadt Přerov
läuft uns am Bahnhof ein junger Soldat voll ausgerüstet mit
Maschinengewehr und allem drum und dran über den Weg - und er sieht
nicht danach aus, als ob er im Dienst wäre, sondern eher nach Hause
fahren würde. Hatten wir so eine ähnliche Szene nicht vor einer Woche
auch im Zug von Cheb nach Karlovy Vary? Wie auch immer, im Bahnhof
machen wir uns nur eben schlau, ob man eigentlich einen Zuschlag für
den EuroCity bezahlen muss, aber offenbar nicht, wenn man über die
Grenze fährt. Auch gut. Dann kostet die Strecke Olomouc-Kraków mit
Junior Pass etwa 13,30€.
Bei dem Zug, der vom Wiener Südbahnhof kommt, handelt es sich um einen
polnischen InterCity mit zwei Wagen der ÖBB. In einem davon befinden
sich unsere reservierten Plätze. Wir sitzen mit einer Mutter und ihrer
Tochter sowie den Großeltern (oder doch ein fremdes älteres Ehepaar)
im Abteil, die alle nach Kraków fahren und die meiste Zeit über
Polnisch sprechen, weil die vermeintlichen Großeltern kein Deutsch
können. Leider kann man die Fenster in dem ÖBB-Wagen nicht öffnen und
die Klimaanlage ist heute einfach überfordert. Folglich wird es
ziemlich heiß und stickig und alle sind nur am Ächzen, Stöhnen und
Schwitzen. Der angenehmste Ort ist noch das Klo - weil man dort das
Fenster wenigstens etwas öffnen kann. Einziger Vorteil des Wagens noch:
Er läuft enorm viel ruhiger als z.B. die der ČD zum Vergleich. An
der Grenzkontrolle werden übrigens einige Amerikaner(?) von der
Grenzpolizei aus dem Zug verwiesen, weshalb auch immer. Ihnen wird wohl
nur gesagt, dass sie den nächsten Zug nehmen sollen. Etwa keine
Reservierung? Die ist nämlich auf polnischer Seite verpflichtend. Kurz
nach Oświęcim besucht uns eine junge Frau vom Krakauer
Touristenbüro, die sehr gut Englisch spricht und die man alles über
die Stadt ausfragen kann. Wir erkundigen uns bei ihr wegen Zimmerpreisen
und was im Sommer so angeboten wird. Netter Service.
Kaum in Kraków Głowny ausgestiegen, erwarten uns
dort schone viele Studenten mit gelben T-Shirts und hostel.info-Logo,
die uns gleich mal zwei Hostels zur Auswahl anbieten: Cadillac Hostel
Przemyska und das Dizzy Daisy, wobei letzteres auch vom Lonely Planet
recommended wird. Hätten wir doch nur darauf gehört...
Aber der Reihe nach. Zunächst einmal bringt uns ein gratis Shuttle-Bus
zum Hostel - sehr löblich. Am Empfang sitzt ein Student, der extrem gut
Englisch spricht und uns auch später bezahlen lässt, weil wir ja noch
keinen einzigen Złoty haben. Das große Free-Internet-Angebot aus
dem Fly beschränkt sich leider auf einen einzigen Computer. Und das
Zimmer - naja. Mit abgeschlossenem Klavier, nur einem Waschbecken und
statt dessen Massenduschen und -WC, insgesamt etwas angestaubt wirkenden
Möbeln, Abfalltüten auf dem Flur... Dafür, dass es von September bis
Juni ein Studentenwohnheim ist, ist es auf jeden Fall eines der
schlechteren. Es gibt zwei Toiletten und 4 Duschen pro Etage, die zwar
wohl auch täglich gereinigt werden, aber wohl auch nur nach dem
Minimalprinzip. Richtig eklig find ich's jetzt zwar auch nicht, aber
dafür, dass es bisher die teuerste Unterkunft (etwa 80Zł (=20€
pro Person) ist, stimmt die gebotene
Leistung auf jeden Fall nicht.
Jetzt aber zu Kraków selbst. Zu Fuß sind es vielleicht maximal 15
Minuten bis um Hauptplatz (Rynek Głowny), noch weniger zum
Wawelberg und wir wohnen praktisch fast im Kazimierz-Viertel. Wegen der
Lage haben wir uns ja auch dafür entscheiden. Nach dem touristisch
etwas beschaulichen Olomouc sind hier wieder richtige Massen unterwegs,
die den riesigen Platz, auf dem gerade eine Bühne mit Folkmusikgruppen
aufgebaut ist, gut bevölkern. Gut, dass die Tuchhalle den Platz noch
mal halbiert, denn er ist wirklich riesig. Im Gegensatz zu Tschechien
gibt es hier wieder jede Menge Dönerstände, an denen der Döner
jeweils 6-7Zł kostet, aber doch etwas anders als daheim schmeckt.
Wir werfen einen Blick in die große, bunte, reich verzierte
Marienkirche und auch in ein paar andere Kirchen, in denen aber mit
Ausnahme von einer kleinen, alten, mit lauter Barockzeugs zugestellten
Kirche überall gerade gerade geheiratet wird.
Plötzlich hat Christoph die Idee, in die UNESCO-geschützte Salzmine
von Wieliczka zu fahren. Bis um 18 Uhr gibt es auch jede halbe Stunde
eine englische Führung - warum also nicht. Durch das Andreastor hindurch,
fragen wir bei der Touristeninfo gleich mal nach. Sie verkauft uns auch
sofort die reduced tickets für 45Zł und zeigt uns auf einer Karte,
wo die Minibusse dorthin abfahren - bei der Zentralpost. Also gut,
nichts wie hin Unterwegs kommt uns, dass laut Lonely Planet ein normales
Ticket doch nur 34Zł hätte kosten dürfen. Aber die Frau hat
gesagt, es wäre derselbe Preis wie im Bergwerk. Wir werden ja sehen, ob
man uns verarscht hat. Im Übrigen wird mir erst jetzt klar, dass 45Zł
ja gute 10€ sind - ganz schön teuer.
Mit einem dieser Sprinter-Minibusse kommen wir je 2,50Zł nach
Wieliczka, wobei Christoph zuerst gar nicht glauben will, dass das die
Busse sein sollen, von denen die Frau geredet hat. Er würde vielleicht
heute noch an der Haltestelle stehen und auf einen "richtigen"
Bus warten. Nachdem wir das Prinzip verstanden haben, springen wir
sofort in den nächsten Bus, der ein Schild mit Wieliczka drinnen
hängen hat. Die Fahrt dauert vielleicht 20 Minuten durch die
Außenbezirke von Kraków.
In der Mine selbst stellen wir erst mal fest: Für eine Tour in der
ausländischen Sprache bezahlt man wirklich 45Zł. Ziemlich teuer
und ein kleines bisschen unverschämt. Eine Fotoerlaubnis für 10Zł
wollen wir da nicht auch noch kaufen, zumal das in der Regel sowieso
niemand kontrolliert. Zunächst geht die Tour etliche Treppen hinab,
bevor wir in den ersten Räumen landen. Zuerst kommen ein paar
Figurenszenen, in denen Legenden und Arbeitsweise der Bergleute gezeigt
werden, darunter auch Statuen, deren sozialistischer Ursprung schon
allein an der Form der Gestalt unverkennbar ist. Mit der Zeit kommen
jedoch immer mehr beeindruckende Räume, darunter unterirdische Salzseen
oder - das Highlight - eine gigantische Halle, die zu einer Kirche
komplett aus Salz und Stein ausgestattet worden ist. Hier wird man
übrigens noch mal an die Fotolizenz erinnert, falls man sie nun doch
noch erwerben möchte. Die Tour ist ganz nett gemacht und zielt schon
auch sehr auf Unterhaltung. Zum Schluss gibt es noch unterirdische
Souvenirshops und ein Restaurant bevor der Fahrstuhl an die
Tagesoberfläche folgt. Touristisch ist das Bergwerk auf jeden Fall
optimal ausgebaut.
Für die Rückfahrt wollen wir eine Haltestelle dieser Minibusse hier in
der Nähe suchen. Kaum stehen wir jedoch auf der anderen Straßenseite
in Richtung Kraków, hält der nächste Minibus auch sofort an und nimmt
uns mit. Sehr praktisch. Christoph ist übrigens von dem Bergwerk
deutlich begeisterter als ich. Wer also ein bisschen Zeit in Kraków
hat, sollte hier ruhig mal vorbeischauen, zumal ab nächstem Jahr noch
eine aufregende Bootsfahrt über einen Salzsee hinzukommt.
Zurück auf dem Hauptplatz klappern wir mal die Speisekarten der Lokale
dort ab. Nachdem es neben dem Blitzen und dem Donnern auch noch zu
regnen anfängt, entscheiden wir uns sofort für die Pizzeria Carpe
Diem, denn da gibt's richtig gut aussehende Pizzen ab 8,50Zł
(gescheit belegte eher so um die 13-16Zł). Wegen dem Regen, der
danach kurze Zeit richtig heftig wird, nehmen wir einen Tisch drinnen.
Bloß ist es da noch so richtig schwül von heute Mittag, dass ich beim
Essen richtig merke, wie mir überall der Schweiß herunter läuft. Am
Nebentisch sitzen zwei französische Pärchen. Schauen sie uns an, weil
sie etwas von unserem Geschwätz verstehen oder interessiert sie viel
mehr der Blick aus dem Fenster? Sobald wir fertig sind, bezahlen wir
auch sofort und genießen die frische Luft bei einem kurzen Gang über
den Platz und ein paar Seitenstraßen, die aber recht schnell wie leer
gefegt wirken.
Auf der Straße zu unserem Hostel verkehren schon noch ein paar Leute.
Darunter auch ein Mann mit seinem Hund, an dem wir vorbeigehen möchten,
der aber auf einmal total das Bellen und Kläffen anfängt. Zum Glück
war der an der Leine, ein kleiner Schock ist das aber trotzdem. Dabei
hab ich ihm doch nur aus Versehen einen kurzen Augenblick in die Augen
gesehen. Leider verstärkt es mal wieder meine Angst vor Hunden deutlich
und die Gelassenheit der ersten Tage ist mal wieder dahin.
Zurück auf dem Zimmer beschließen wir, noch Wäsche zu waschen, denn
immerhin haben wir jetzt mal die Gelegenheit, da wir die nächste Nacht
ja auch noch hier sind. Hinzu kommt, dass es auch noch Free Laundry hier
gibt. Für 5Zł kaufen wir an der Rezeption Waschmittel und nachdem
wir im ersten Stock die Duschen mit den Waschmaschinen gefunden haben,
füllen wir Klamotten und Waschmittel rein. Doch als wir sie starten
wollen, passiert rein gar nicht. Christoph lässt sich ein paar Begriffe
vom Drehrädchen an der Rezeption übersetzen, was aber auch nichts
nützt. Also Wäsche wieder raus (schon etwas nass, weil noch Wasser in
der Trommel steht - aha), Waschmittel wieder rausgeschaufelt. Auf der
nächsten Etage ist eine 'out of order' und eine gerade besetzt, im
dritten Stock sieht keine danach aus, als ob sie überhaupt
funktionieren könnte, aber im 4. Stock dann doch. Sie sieht recht neu
aus, also Wäsche und Waschmittel rein, gestartet - und weshalb auch
immer, es läuft einfach kein Wasser zu. So eine Scheiße! Leicht
genervt ist noch gar kein Ausdruck. Zwei Amerikaner gesellen sich zu
uns, weil sie schon seit halb acht am Trocknen sind, aber die Wäsche
einfach nicht trocken wird (wir haben schon fast 11 jetzt). Auch sie
sind ziemlich angepisst und schnappen sich ihre nassen Sachen und
verschwinden. Wir wollen jetzt auch per Hand waschen, doch nun geht die
Tür der Waschmaschine nicht auf. Ach übrigens: Wegen dem Gewitter
funktioniert das Internet im Haus jetzt auch nicht mehr, da wir mal die
Chance des Free Internet nutzen wollten, um E-Mails zu checken, vor
allem Christophs Studienkolleginnen aus Bukarest und Plovdiv. Ich
schicke also Christoph die 'Rezeptionistin' holen, die zu uns auch nur
meint, dass sei selbst noch nie eine Waschmaschine bedient hat (Mama
macht das immer) und wir die Maschine halt zerstören müssen, wenn's
nicht anders gut. Mit aller Gewalt reiße ich an der Tür herum - und
siehe da, sie geht auf.
Da die Wäsche jetzt eh schon halb nass ist, beschließen wir zu
Handwäsche mit rai in der Tube auf unserem Zimmer zurückzugreifen,
wobei uns fast das Waschbecken von der Wand fällt. Total entnervt
spannen wir noch eine Leine quer durch das Eingangszimmer von Schrank zu
Schrank, hängen die noch manchmal tropfende Wäsche auf und hauen uns
ins Bett. Geschafft.
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
8.30 |
Olomouc |
Přerov |
0h23 |
22 |
Os |
406Kč
+30Kč
[R] |
9.18 |
Přerov |
Kraków Gł |
3h48 |
228 |
EC |
 |
|
Olomouc |
Kraków Gł |
4h11 |
250 |
|
436Kč |
 |
Os=osobní
vlak, entspricht der RegionalBahn bei uns.
[R]=Sitzplatzreservierung, weil sie für Polen im EC
verpflichtend sein sollen. |
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Der Bahnhof von Olomouc mit dem geflügelten Rad
auf dem Dach.

Er ist riesig und sehr schattenarm, der Hauptplatz
von Kraków.
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