EINFACH NUR RIESIG
Manche Leute gehen um diese
Zeit erst ins Bett, wir stehen allerdings bereits wieder auf. Es ist
gegen 5 Uhr morgens hier in Eger. Der erste Weg führt
mich zu den Männerduschen ein Stockwerk tiefer. Das Wasser ist schön
heiß.
Noch weit vor sieben verlassen wir unser Zimmer und laufen durch den
Érsekkert (den Erzbischöflichen Garten) über die Ady Endre utca zum
Bahnhof. Schnell die Studentenfahrscheine gekauft und nach wenigen
Minuten steht unser Zug bereit nach Füzesabony. Am Bahnsteig sehen wir
zwei bekannte Gesichter wieder. Zwar hatten bis dahin nicht mit ihnen
geredet, aber das ist doch das Pärchen aus Norwegen, das bei uns im Zug
von Kraków in die Slowakei saß! Zufälle gibt's!
In Füzesabony steigen die beiden auch in den Zug nach Budapest und wir
setzen uns einfach mal zu ihnen ins Abteil, wo wir auch recht bald ins
Gespräch kommen. Sie ist Medizinstudentin, er Krankenpfleger, sie
kommen aus dem Norden Norwegens, entweder Tromsø oder Narvik und sind
mit dem Interrail-Ticket unterwegs, weil sich das für sie wohl fast
schon nur wegen der Bahnfahrt in Skandinavien bis zur Fähre nach Polen
lohnt. Die letzten Tage waren sie in Debrecen und davor im Slowakischen
Paradies, was wir wegen dem Regen leider auslassen mussten, von dem sie
sehr schwärmen und uns damit auch ein Stückchen neidisch machen.
Die Fahrt vergeht recht schnell. Irgendwann taucht eine junge Helferin
des Touristenbüros auf, die uns über günstige
Übernachtungsmöglichkeiten in Budapest aufklärt und uns auf
Nachfragen auch sagt, ob das Wohnheim "nice" ist oder nicht.
Wir überlegen eine Weile, entschließend uns letztendlich aber alle
vier für das 'Hostel Schönherz', das wir dann auch gleich bei der Frau
reservieren können. Super Service!
Nicht ganz so super ist dann allerdings der Service am Budapester
Keleti-Bahnhof. Da
Sonntag ist, haben sie nicht so viele Shuttle-Busse zu den Hostels, was
zur Folge hat, dass wir etwa eine Stunde bloß mit Warten am Bahnhof
verbringen. Immerhin setzt sich unsere "Betreuerin" dann
heftig dafür ein, dass wir endlich auch mal weggefahren werden.
Zwischendurch war ich noch kurz am Internationalen Schalter, um die
Fahrkarten nach Timişoara zu kaufen, doch war die Schlange etwas zu
lang, vor allem, weil wir ja nicht wussten, wann wir genau endlich zum
Hostel gefahren werden. Wenigstens haben wir uns die Zeit mit dem
norwegischen Pärchen sehr nett vertrieben und mal wieder so einiges
gelernt.
Nach dem Häusermeer bekommen wir endlich die Donau zu Gesicht. Echt
riesig. In der Ferne sieht man sogar schon den Burgberg. Es dauert nicht
mehr lange, bis wir unser riesiges Hostel, das eigentlich ein
Studentenwohnheim ist, erreichen. An der Rezeption stehen drei Mädels
und um sie herum etliche Backpacker, die alle ein Zimmer wollen. Es
herrscht Hektik und Stress durch und durch. Eine Nacht kostet pro Person
im Doppelzimmer übrigens 3500Ft. Unser Zimmer 1102 ist noch nicht
fertig, darum bringen wir unsere Rucksäcke in den Luggage Room, bieten
den Norwegern an, heute Abend mal mit unserem Fässchen Wein bei ihnen
vorbeizuschauen und machen uns auf in die Stadt.
Zu Fuß geht's einmal quer durch das Viertel bis zum Hotel Gellért. Die
erste Erkenntnis: Budapest ist verdammt groß. Allein dieser Weg eben
war schon mehr als ein Kilometer - oder ein 10-minutes-walk, wie es der
Lonely Planet nennen würde. Das hört sich eigentlich nicht schlimm an,
aber wir sind ja jetzt auch gerade erst am Rande des doch recht großen
touristisch besonders interessanten Gebiets der Stadt.
Direkt neben dem Hotel Gellért führt ein Weg den Gellért-Berg hinauf
zur Freiheitsstatue und zur Zitadelle. Ein bisschen Hunger und Durst
haben wir ja schon. Aber wir wagen den Aufstieg - unwissend, dass sich
der Weg und die Treppen ganz ordentlich den Berg hinaufschlängeln. Als
Belohnung gibt's dafür aber einen ersten tollen Blick auf die Stadt. In
die Zitadelle will man uns leider nur für Geld lassen - also lassen
wir's bleiben. Der Abstieg auf der anderen Seite ist viel entspannender,
auch wenn der Weg auch nicht viel kürzer ist. Aber immerhin bergab.
Unten landen wir vor einem interessanten Wasserfall, von dem ich nicht
genau sagen, ob er künstlich angelegt wurde oder sogar echt ist.
Kaum den Gellért-Berg hinunter, machen wir uns auch gleich schon wieder
den Burgberg hinauf, auch wenn der Weg von hinten etwas verwirrend ist,
denn man muss über den Ausgang des Budapester Geschichtsmuseum durch
das Foyer und landet so erst im Hof des Königlichen Palastes. Bis wir
das herausgefunden haben, vergeht auch eine kleine Weile, doch sind dann
wirklich begeistert. Es ist ordentlich was los hier oben.
Hinter dem Palast fängt dann so eine Art Altstadt an oder die Stadt
innerhalb der Burgmauern - auf jeden Fall macht Christoph ziemlich
große Augen, als er erkennt, wie groß das allein alles hier oben ist.
Kurz vor der Fischerbastei finden wir auch einen kleinen Supermarkt, in
dem wir uns mit Getränken und Waffeln eindecken, weil irgendwas muss
jetzt gleich gegessen werden, bevor wir in die Matthiaskirche gehen. Die
Kirche kostet zwar ein Eintritt (mit ISIC für uns billiger), lohnt sich
meiner Meinung nach aber schon - und jede Menge anderer Touristen wohl
auch. Christoph gefällt sie allerdings nicht. Viel zu bunt ausgemalt.
An der linken Seite steht eine Schlange vor einem abgesperrten Zugang,
an dem immer nur ein paar Leute gleichzeitig hereingelassen werden. Wir
haben keine Ahnung, was uns dort erwartet, aber wir stellen uns auch
einfach mal an. Kurze Zeit später landen wir bei einer Ausstellung, die
sich vor allem mit der Legende und der Echtheit der ungarischen Krone
befasst, die übrigens auch im Staatswappen abgebildet ist. Sie fällt
vor allem durch das abgeknickte Kreuz auf ihrer Spitze auf. Neuesten
Forschungen zufolge soll sie übrigens wirklich echt sein. Aber es wird
bestimmt wieder Forscher geben, die genau das Gegenteil beweisen
wollen... Interessant ist das auf jeden Fall. Ein paar Reliquien und
moderne christliche Kunst gibt es noch zu bestaunen, das war's dann
auch.
Direkt neben der Matthiaskirche befindet sich die berühmte
Fischerbastei, die man für etwa 50 Cent auch besteigen darf. Uns
genügt aber auch die Aussicht von unten. In der Fischerbastei machen
wir eine kleine Waffelpause und sehen einen Holländer wieder, der wohl
wegen dem Sziget Festival da ist, das in drei Tagen anfängt, uns schon
an der Zitadelle aufgefallen ist und nun zwei Kerle als Begleitung
gefunden hat. Neben der Fischerbastei befindet sich im Innenhof des
Hilton noch eine Kirchenruine, in der wir einer etwas leicht angenervten
sächsischen(?) Familie begegnen.
Wir laufen noch etwas auf dem Burgberg herum, landen am Magdalenenturm,
sehen die deutsche Botschaft, finden nur für uns etwas zu teure
Restaurants und beschließen, zum Subway zu dackeln, der auf unserem
Stadtplan sehr schön eingezeichnet und gar nicht weit ist.
Unten angekommen, lautet die erste Feststellung: der Subway ist wohl in
dem riesigen Einkaufszentrum, das sich 'Mammut' (siehe
http://www.mammut.hu)
nennt. Nur ist der im 'Mammut I' oder im 'Mammut II'? Das zweite sieht
größer aus, als gehen wir da spontan erst einmal rein - und müssen
dann leider doch ins 'Mammut I'. Dort befindet sich dann ganz oben der
Subway, an dem auch einiges los ist. Vor uns sich Amerikaner in der
Reihe. Als wir zu der jungen Frau (bestimmt nicht älter als wir) an der
Kasse kommen, sollen wir sogar Deutsch mit ihr reden, weil sie das viel
besser kann als Englisch und sie regt sich bei uns etwas darüber auf,
dass es immer alle für selbstverständlich halten, dass sie Englisch
kann. In der kurzen Zeit an der Kasse erfahren wir auch noch, dass sie
als Au-Pair ein Jahr in Deutschland gearbeitet hat und sie macht
wirklich einen sehr sympathischen Eindruck. Leider, so erklärt sie uns,
bekommen wir diesmal keine Aufkleber für unsere SubClub-Karte, denn es
läuft gerade "Kauf 2 halbe Sandwiches zum Preis von
einem"-Aktion, von der wir leider erst durch sie an der Kasse
erfahren haben, sonst hätten wir das Angebot natürlich sofort genutzt.
So ein Pech.
Entlang einer stark befahrenen Straße gehen wir zur Margitsbrücke, um
wieder nach Pest zu gelangen. Allein der Weg über die Donau zieht sich
wie ein Kaugummi in die Länge und hört und hört einfach nicht auf.
Bei der Entscheidung, ob wir zuerst zum Nyugati-Bahnhof oder zum
Parlament laufen, siegt der Nyugati-Bahnhof, denn wir brauchen ja noch
die Tickets für morgen nach Rumänien einschließlich einer
Sitzplatzreservierung.
Am Nyugati-Bahnhof ist viel weniger los als am Keleti. Allerdings fahren
von hier auch praktisch keine Züge ins Ausland. Entsprechend leer ist
es auch am Internationalen Schalter. An einem Schalter lassen sich
gerade zwei englischsprachige Mädels alles haargenau erklären, am
anderen kommen wir gleich an die Reihe. Das Ticket und die
Sitzplatzreservierung nach Timişoara
sind kein Problem, nur leider
nicht ganz billig. 13872Ft für zwei Personen plus 1530Ft für zwei
Sitzplätze. Sind umgerechnet etwa 30€ für jeden. Immerhin bekommen
wir dafür auch einen InterCity. Wer übrigens einen wirklich chic
gemachten McDonald's sehen möchte, der sollte auch mal am
Nyugati-Bahnhof vorbeischauen!
Wir näheren uns dem Parlament und die Straßen werden immer unbelebter.
Okay, es ist Sonntag und die Politiker machen wahrscheinlich auch gerade
Sommerferien. Trotzdem ist der Weg zu dem eindrucksvollen Parlament
ziemlich einsam. Die Straßenzüge erinnern mich an eine andere große
europäische Stadt. Ich würde zu Paris tendieren, obwohl es London
bestimmt auch sein könnte. Wahrscheinlich aber doch eher Paris.
Vor dem Parlament ist eine große Leinwand aufgebaut, etliche
Stuhlreihen davor, ein paar Stände... Wir nutzen die Gelegenheit für
eine Pause und entspannen mit der Musik und den Bildern von der
Leinwand. Die Füße sind nämlich schon ziemlich platt. Ich will lieber
gar nicht wissen, wie viele Kilometer wir heute schon bewältigt haben -
und die beiden Berge nicht zu vergessen!
Beim Parlament ein Stück um die Ecke gelangt man zum Szabadság tér,
der von monumentalen Gebäuden wie der Nationalbank umrahmt wird. In
dessen Mitte befindet sich etwas abgeriegelt das Denkmal für die
Sowjetarmee. Nicht weit von hier kommen wir nun zum letzten Punkt
unseres heutigen Kulturprogramms in Budapest, der Szent István Bazilika.
Neorenaissance, frisch renoviert, etwas düster und ziemlich groß -
okay, es ist ja auch Budapests größte Kirche.
Am Vörösmarty tér kaufe ich zwei Postkarten und kann praktischerweise
auch noch zwei Briefmarken haben. Hier beginnt die Váci utca, angeblich
Budapests schönste Shoppingmeile. Es ist allerdings schon früher Abend
und nicht mehr alle Geschäfte haben offen. Leute sind trotzdem noch
genug unterwegs. Leider hat der Markt am Ende der Fußgängerzone schon
zu, sonst hätten wir uns dort mal nach etwas zum Abendessen
umgesehen.
So werfen wir mal einen Blick in die Ráday utca, in der es jede Menge
Lokale und Cafés gibt und auch jede Menge Menschen, die dort nach etwas
Essbarem suchen - einschließlich uns. Aber meistens ist es uns doch ein
bisschen zu teuer. Also die Preise sind normal, noch nicht
westeuropäischer Standard, aber im Vergleich zu dem, was wir sonst
bisher meistens gewöhnt waren halt doch schon ganz ordentlich. Ein
Chinese schwatzt uns auf der Straße an. Wir werfen einen Blick auf die
Karte. Christoph will nicht so recht, erklärt sich dann allerdings doch
damit einverstanden, da mal reinzuschauen. Leider schauen die dann doch
ziemlich dumm drein, als wir nichts großes essen möchten, sondern uns
mit Kleinigkeiten zufrieden geben - zumal beim Chinesen auch schon
manche Vorspeise gut satt macht. So bleibt es bei gebratenen Nudeln für
mich und einer Frühlingsrolle für Christoph - allerdings schmeckt das
weder besonders gut, noch sieht es besonders frisch aus. Einfach
aufgewärmt aus der SB-Theke. Na super.
Auf dem Rückweg suchen wir noch kurz die deutschsprachige Universität,
bevor wir uns zu Fuß auf den Weg zu unserem Zimmer machen. Die Norweger
sind leider noch nicht da. Also trinken wir keinen Wein mehr mit ihnen.
Schade. Dafür versuche ich eine Karte an meine zukünftige
Mitbewohnerin zu schreiben, doch als ich nach den ersten Sätzen die
Briefmarke aufkleben will, klappt das nicht. Die Marke ist wohl zu alt -
oder zumindest der Klebstoff auf der Rückseite. Toll. Enttäuscht packe
ich die Karte wieder ein und lege mich schlafen. Morgen geht's raus aus
der EU!
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
7.15 |
Eger |
Füzesabony |
0h17 |
17 |
R |
499Ft |
7.45 |
Füzesabony |
Budapest
Keleti |
1h37 |
125 |
D |
 |
|
Eger |
Budapest |
1h54 |
142 |
|
499Ft |
 |
R=Regionalbahn
D=normaler Schnellzug (Bezeichnungen laut bahn.de) |
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Die riesige Donau teilt Buda und Pest, auch wenn
es von oben gar nicht sooo weit aussieht.
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