GESCHICHTSSTUNDE
Die Wäsche tropft immerhin
nicht mehr, feucht ist sie aber trotzdem noch. So eine richtig warme
Dusche hebt die Laune am Morgen dann auch noch ein bisschen.
Beim kefirek kaufen wir kurz ein - ja, im ach so katholischen Polen
dürfen Geschäfte (zumindest manche) auch sonntags öffnen -, bevor wir
durch das Kazimierz-Viertel von Kraków schlendern und dabei just die italienische
Reisegruppe treffen, die schon gestern im Salzbergwerk eine Führung vor
uns war. Heute hat der Ich-muss-absolut-alles-fotografieren-Typ aber
immerhin sein Stativ auf dem Zimmer gelassen.
Das eigentliche Ziel heute Morgen - jedenfalls für mich - ist der
Wawelberg, der von Christoph systematisch niedergemacht wird, z.B. weil
es gar kein richtiger Berg, sondern nur ein Hügel sei usw. Aber
immerhin kaufen wir dann Karten für die State Rooms und die Dragon's
Cave. Sowohl für di State Rooms als auch für das Royal Appartment sind
die Karten limitiert und es steht auch eine feste Eintrittszeit drauf.
Wir dürfen in einer halben Stunde in die State Rooms. Geht noch. Für
das Royal Appartment hätte man wahrscheinlich deutlich länger warten
müssen, weil nicht mehr besonders viele Tickets da waren - hat
jedenfalls die elektronische Anzeige an der Kasse gesagt.
Als wir im Innenhof der Burg stehen, wirkt Christoph schon wieder etwas
versöhnter, denn hier ist es wirklich schön. Die State Rooms sind auch
ganz nett, wobei wir uns auf dem Weg durch die Zimmer ganz oft eines
neueren touristischen Verbrechens schuldig machen: dem unerlaubten, weil
nicht dafür bezahlt habenden Zuhören bei einer Führung. Englisch und
Französisch sind die Gruppen, denen wir begegnen. Mit am
spektakulärsten dürfte wohl der Thronsaal mit seiner Kassettendecke
sein, denn aus fast jeder Kassette ragt ein Kopf heraus.
Wie kurios diese sind, beweist wohl auch die Tatsache, dass uns nämlich
auch eine deutsche Frau in den 50ern (oder 60ern?) darauf anspricht, die
wir an der Kasse für die Kathedrale ansprechen, um mal genau zu
erfragen, für was die Tickets dort eigentlich sind. Sie bricht dabei in
regelrechtes Schwärmen über den ganzen Wawelberg aus. Die Kathedrale
selbst ist durchaus interessant und lohnt auf jeden Fall den Besch. Eine
Eintrittskarte braucht man allerdings doch nicht. Na gut, jetzt haben
wir halt doch eine, mit der wir auf eine etwas abenteuerliche Art und
Weise die größte Glocke Polens sowie die eher weniger spannende Krypta
mit jeder Menge Särgen, die für den polnischen Nationalstolz nicht
ganz unerheblich sein dürften (hier liegen so ziemlich alle polnischen
Könige), besichtigen.
Zum Abschluss folgt der Gang durch die Drachenhöhle wieder den Berg
hinunter - und die Höhle ist echt toll. Wer weiß, vielleicht hat hier
ja tatsächlich ein Drache gehaust! Ein kleiner, Feuer speiender Drache
erwartet uns jedenfalls, als wir die Höhle verlassen.
Es geht weiter durch die Altstadt. Eine leckere Calzone-Ecke und ein
Döner werden von uns vernichtet. Im Anschluss erkundigen wir uns beim
Touristenbüro nach Abfahrtszeit und -ort der Busse nach Oświęcim,
denn wir möchten Auschwitz sehen. Der nächste geht um kurz nach 2.
Wir essen unser vorhin geholtes Eis noch fertig und gehen sogleich zum
Busbahnhof, der direkt vor dem Hauptbahnhof liegt. Das neueste Modell
ist unser Bus nicht, aber er tut's auf jeden Fall noch. Leider ist es
inzwischen ziemlich bewölkt und grau und wärmer war es auch schon mal.
Bin mal gespannt, wie gut die Wäsche da trocknet.
In Oświęcim
sind wir sogar etwas früher als gedacht, nachdem wir zahlreiche
polnische Dörfer durchfahren haben. Zu Auschwitz selbst fehlen einem
einfach die Worte. Das kann man einfach nicht beschreiben. Noch
"eindrucksvoller" soll ja Birkenau sein, doch da hätten wir
früher kommen müssen, um das auch noch zu sehen, denn der letzte Bus
zurück fährt um 19.12 Uhr. Irgendwann beginnt es zu regnen. Obwohl am
Eingang darauf hingewiesen wird, dass Kinder unter 14 Jahren das Museum nicht
besuchen sollten, sind erstaunlich viele Familien mit kleinen Kindern
unterwegs, die wahrscheinlich noch gar nicht begreifen können, was an
diesem Ort vor über 60 Jahren passiert ist.
Der Bus zurück ist voll, einige müssen auch stehen. Der stärker
werdende Regen hat noch mehr Leute in den 18.17-Uhr-Bus nach Kraków
getrieben. Die Scheiben sind beschlagen und der Fahrer sieht kaum noch
was. Zum Glück hat er einen Lappen vorne zur Hand. Die Fahrt dauert
eine kleine Ewigkeit. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass wir
zumindest teilweise eine andere Strecke fahren.
Eine kleine Ewigkeit dauert es auch, bis wir am Internationalen
Fahrkartenschalter im Hauptbahnhof von Kraków endlich an die Reihe
kommen, um unsere Tickets nach Žilina in der Slowakei zu kaufen.
Für 59Zł sogar billiger als
gedacht. Somit haben wir noch mehr Geld übrig als erwartet.
Im nächsten kefirek starten wir um deshalb um halb zehn einen kleinen
Großeinkauf, damit wir morgen früh genug für die Fahrt haben.
Anschließend speisen wir bei beginnendem Gewitter (aber ohne Regen) auf
der Hinterhof-Terrasse des McDonald's am Andreastor. Dabei begegnet
Christoph Baszia (oder wie auch immer sie geschrieben wird) oder
Doppelgängerin von ihr hinter der Kasse, einer Bekannten aus seinem
Wohnheim in Würzburg. Als er sie fragt, ob sie Deutsch spreche,
verneint sie allerdings. So ganz glauben mag er trotzdem nicht, dass sie
es nicht doch ist. Im Hostel stellt er dann dieselbe Frage der Studentin
am Empfang: "Sprichst du Deutsch?" Auch sie antwortet mit
"No". Damit hat er immerhin die Bestätigung, dass man nicht
Deutsch können muss, um auf diese Frage mit "No" zu
antworten.
Die Wäsche auf dem Zimmer ist doch um einiges trockener geworden. Bis
morgen könnte das meiste dann schon trocken sein, mal sehen. Die
folgende Nacht wird kurz, denn morgen geht unser Zug in die Slowakei
schon um 7.18 Uhr.
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
14.10 |
Kraków D.A. |
Oświęcim
D.A. |
1h35 |
70 |
Bus
PKS |
9Zł |
18.17 |
Oświęcim
D.A. |
Kraków D.A. |
1h40 |
70 |
Bus
PKS |
7Zł |
 |
|
Kraków |
Kraków |
3h15 |
140 |
|
16Zł |
 |
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Wir beginnen unsere heutige Geschichtsstunde mit
einem Unterrichtsgang auf den Wawelberg mit dem Schloss und der
Kathedrale.
weitere Bilder aus Kraków
  
  

Der zweite Teil unserer Geschichtsstunde führt
uns ins Konzentrationslager Auschwitz und lässt sich nur schwer in
Worte fassen.
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