WOHNHEIME,
PALAČINKY UND HUNDE
Heute Morgen stehen zwei
Punkte hier in Brno auf dem Programm: die Burg Špilberk
und die Augustinerabtei mit dem Mendelmusuem, der hier mit seinen Erbsen
rumgezüchtet hat.
Frühs um neun, als wir den kleinen Burgberg erklommen haben, ist es
schon ziemlich sonnig, dunstig und drückend warm. Ein Englisch
sprechendes Pärchen ist so früh noch mit uns hie oben. In der Burg
selbst ist noch nicht viel los. Im Brno City Museum werden sogar extra
die Lichter in den Räumen für uns eingeschaltet. Neben der Geschichte
Brnos und der Burg sowie einigen Gemälden gibt es noch eine sehr
interessante Ausstellung über moderne Architektur vor allem rund um die
30er Jahre. Aber alle dort sind sehr freundlich zu uns. Der
Aussichtsturm - naja - bringt's jetzt nicht so wirklich. Etwas
interessanter ist da schon ein Gang durch die Kasematten, die unter den
Habsburgern als Gefängnis dienten. Im Vergleich zu draußen ist es hier
verdammt kühl - aber noch angenehm kühl - und das ohne Klimaanlage!
Leider ist der Schock beim Gang ans Tageslicht umso gewaltiger. Ich
warte ja noch drauf, dass es wie in Amerika auch bei uns endlich
geschlossene Kühlketten gibt, damit man nie wieder in die Hitze muss.
;-) (Nein, im Ernst, das muss doch nicht sein, oder?)
Recht schnell gelangen wir zum Mendelmuseum, obwohl wir den Weg einfach
mal intuitiv eingeschlagen haben, da kein Stadtplan so weit reicht. Das
Mendel Museum of Genetics ist recht schick aufgemacht. Zuerst bekommen
wir von einer jungen Frau eine kurze Erklärung zum Garten und zur
Person Mendels (ganz privat), bevor auch hier extra für uns die
Ausstellung angeschmissen wird. Für Genetikinteressierte durchaus
lohnenswert. Christoph hat es jedenfalls sehr gefallen. Es ist fast ein
bisschen schade mitanzusehen, dass solche toll aufgezogenen Museen
offenbar kaum besucht werden, zumindest hier in Brno.
Auf dem Rückweg, um die Rucksäcke zu holen, wird noch schnell was zu
trinken und ein paar Stangen sowie Käse als Mittagessen gekauft (beim
Julius Meinl versteht sich), bevor wir bepackt zum Bahnhof dackeln, um
nach Olomouc zu fahren. Unweit des Bahnhofs wechsel ich bei der GE Money
Bank nochmal ein paar Euros in Kronen, damit wir in Olomouc genug Geld
haben, nachdem in der Stadt zuvor die Commerzbank uns eindeutig zu hohe
Gebühren verlangt hat.
Dann geht es aber auch schon los. Der Blick aus dem Fenster ist wieder
von endlosen Getreidefeldern geprägt, die die Luft allerdings ziemlich
staubig wirken lassen.
In Olomouc ist einiges los am Bahnhof. Im ČD-Centrum
spricht der Kerl am Internationalen Fahrkartenschalter richtig gut
Englisch und wir bekommen unsere Fahrkarten und Reservierungen für den
Zug nach Kraków für jeweils etwa 13,30€.
Mit dem Bus X (von dem Christoph nicht glauben wollte, dass wirklich
diese "Nummer" trägt, als die Frau im Touristenbüro davon
gelabert hat) fahren wir in die Stadt und verlassen an der grauen Kirche
den Bus, um zum Oberen Platz zum Touristencentrum im Rathaus zu
gelangen. Der Platz mit seiner riesigen Dreifaltigkeitssäule, der
realsozialistischen astronomischen Uhr und überhaupt den perfekt
herausgeputzten Fassaden wirkt schon fast zu schön, um wahr zu sein.
Sie zeigt uns ein Studentenwohnheim auf der Karte, zu dem wir gehen
sollen.
Mit der Tram machen wir uns auf den Weg, wenn auch nur zwei Stationen
weit. Nach ein bisschen Laufen stehen wir in einer Gegend voller kleiner
Wohnblöcke. Im ersten probieren wir es gleich. Das Wohnheim ist voller
Leute. Die Frau an der Rezeption spricht leider nur Tschechisch, aber
eine nette Polnisch-/Russisch-Studentin dolmetscht für uns auf
Englisch. So erfahren wir, dass in letzter Zeit zu viele Leute gekommen
wären und dass wir es erstmal woanders versuchen sollen. Interessant
ist nur, dass die drei deutschen Punks gestern noch ein Zimmer gekriegt
haben, die gerade hereingekommen sind. Naja. Immerhin versichert sie
uns, uns auf keinen Fall auf der Straße schlafen zu lassen.
Die nette Dolmetscherin zeigt uns die ganzen anderen Wohnheime - 4 oder
5 Stück, alle hier nebeneinander. Wir probieren es im nächsten Block
daneben, der genauso aussieht. Drinnen im Flur stehen alle möglichen
Möbel rum. Sieht nicht so aus, als ob man hier gerade übernachten
kann. Ein netter Mann bietet uns seine Hilfe an (This looks interesting
to you? Okay, let's go!) und begleitet uns in den nächsten Block, wo er
sich nach einer Weile verabschiedet, als klar ist, dass wir hier ein
Zimmer kriegen - mit unserem Internationalen Studentenausweis für
zusammen 360Kč (ISIC -
bringt in Tschechien enorm viel und ist die 10€ voll und ganz wert!) -
und die Frau Englisch spricht. So bekommen wir ein Doppelzimmer auf
einem Drei-Zimmer-Flur, wobei die anderen beiden Zimmer unbewohnt zu
sein scheinen, mit Dusche und Toilette. Vom Standard ist es auf jeden
Fall das Wohnheim bisher mit dem schlechtesten Standard (okay, Prag
liegt noch weiter hinten, zumindest im sanitären Bereich*g*), obwohl es
nach wie vor voll okay ist.
Mit der Tram fahren wir wieder in die Stadt und laufen erst einmal zur
Kathedrale. Eine im Schnitt recht jungen polnischen Reisegruppe ist
gerade zugegen, ebenso Franzosen und Österreicher, die sich darüber
unterhalten, ob man über Brünn heimfährt oder nicht.
Wir laufen noch etwas durch die malerische Altstadt, kaufen was ein (in
einem weniger malerischen Betonbau), speisen auf der Terrasse von
McDonald's mit direktem Blick auf die Dreifaltigkeitssäule und das
Rathaus (Christoph schreibt weiter) und natürlich auf die
realsozialistische Variante einer astronomischen Uhr in einer Nische am
Rathaus mit Mosaikhintergrund u.a. einem Chemiker. Übrigens hatte diese
Uhr schon diverse Vorgänger.
Nach dem Essen sind wir eigentlich bereit für einen Palačinky,
aber laufen erst noch ein bisschen über den Platz und machen eine
ausgedehnte Rast an einem modernen Brunnen mit Kupferstatuen: eine
große Schildkröte trägt die Welt, zwei kleinere ein Kind und eine ist
einem Jüngling mit Delfin davongelaufen und steht außerhalb des runden
Brunnenbeckens. Wir beobachten zwei Hunde und danach zwei Kinder - einen
nackten Jungen und ein Ballerina-Mädchen -, die im Wasser
herumwatscheln.
Direkt nebenan ist der Niedere Ring, der zwar auch sehr groß, aber
nicht so schön und vor allem nicht so gut hergerichtet ist wie der
Obere Ring. Erwähnenswert von unserem Rundgang ist vor allem noch die
schöne Renaissancetreppe des Rathauses und das Stadtmodell wie in
Ljubljana. (Christoph hat keine Lust mehr zu schreiben.)
Christoph möchte unbedingt einen Palačinky essen. Also machen wir
uns auf die Suche nach einem Lokal oder Café, wo wir das kriegen. Naja,
schwer fällt die Suche nicht. Doch die Entscheidung, ob wir jetzt
überhaupt noch mal Essen gehen, fällt ihm schon schwerer. Mir ist es
recht egal, weil ich muss dann ja nicht unbedingt was essen. Ins
Eis-Café mag er allerdings nicht und in diesem Fish-Bistro ist alles
voll. Als uns schließlich beim Restaurace Caesar gleich zweimal Leute
einen Tisch wegschnappen, wird es Christoph zu blöd und wir setzen uns
an einen Brunnen und essen Kekse - nicht am Delfinbrunnen, sondern am
anderen Brunnen auf dem Platz.
Irgendwann wird es dunkel und wir machen uns auf den Weg zum Zimmer. Im
unmittelbaren Zentrum sitzen überall Leute in Restaurants, Cafés und
Bars und es sich auch etliche unterwegs. Auf der breiten Ringstraße um
die Altstadt werden es immer weniger, bis nur noch gelegentlich
Inline-Skater und Radfahrer uns passieren. In einem dunklen Hinterhof
rasseln plötzlich Ketten. Mir schwant nichts gutes. In diesem Moment
taucht ein Hund auf, recht schnell und auf jeden Fall ein Hund aus der
Kategorie "Kampfhund". Sein Herrchen ruft ihn wie bescheuert
zurück, doch der Hund gehorcht ihm nicht so wirklich. Ich möchte
sofort die Straßenseite wechseln. Christoph versucht ruhig auf mich
einzureden, denn wegrennen wäre jetzt bestimmt die falsche Lösung.
Aber der Hund schafft es auch über die Straße, sein Herrchen hinter
ihm her. Bis gestern Abend in Brno hatte sich meine Angst vor Hunden
ziemlich gelegt gehabt, aber jetzt... An der nächsten Möglichkeit
wechseln wir wieder - so ruhig wie möglich - die Straßenseite. Aber
der Hund folgt uns auch wieder, läuft dann aber in eine Seitenstraße
ein kleines Stück weiter, wo ihn sein Herrchen dann wohl endlich an die
Leine nimmt. Sicherheitshalber wechseln wir doch noch mal die
Straßenseite, bevor wir durch eine sehr einsame Straße zum Wohnheim
gelangen. Mein Herz rast immer noch. Ich bin echt froh, es so
überstanden zu haben, zumal der Hund auch gar nicht gebellt hat - was
ich umso gefährlicher finde, denn heißt es nicht: "Bellende Hunde
beißen nicht"? Ich will mir so eine Szene in Rumänien oder
Bulgarien mit den angeblich vielen streunenden Hunden lieber gar nicht
erst vorstellen. Da krieg ich ja jetzt schon die Krise. Mit diesem
Schrecken und einem klopfenden Herzen begeben wir uns(bzw. vor allem ich
mich) ins Bett.
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
12.55 |
Brno hl.n. |
Olomouc |
1h23 |
100 |
R |
52Kč |
 |
|
Brno hl.n. |
Olomouc |
1h23 |
100 |
|
52Kč |
 |
R=Rychlík,
ein einfacher Schnellzug, entspricht etwa dem RE bei uns. |
|

Schon morgens prägen Hitze und Dunst die
Silhouette Brnos.
weitere Bilder aus Brno
  

Wie könnte die realsozialistische Variante einer
astronomischen Uhr aussehen? - Vielleicht so wie diese hier!
weitere Bilder aus Olomouc
  

|