OSTEUROPAtour 2005
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Tag19 Sibiu-Sighisoara-Sibiu
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ABENDESSEN BEI DRACULA

Als wir aufstehen, lacht die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Sieht also ganz nach einem perfekten Sommertag hier in Sibiu aus.

Der erste Weg in die Stadt führt uns aber erst einmal zum Brukentahl-Museum (
www.brukenthalmuseum.ro), laut Lonely Planet 'the oldest and likely finest art gallery in Romania' und auch Marco Polo bezeichnet es als eines der bedeutendsten Museen Rumäniens. Na wenn das mal keine gute Werbung ist! Für 3 Lei dürfen wir uns persönlich überzeugen. So ganz eindeutig ist der Rundgang nicht gestaltet, aber wir finden alles. Nur ganz so begeistert sind wir nicht. Ne, echt nicht. Sorry. Wir sind sogar ziemlich enttäuscht. Den Lonely Planet trifft eigentlich keine Schuld, den Marco Polo schon. Der verheißt nämlich eine "große Gemäldeabteilung mit Werken von Rubens, van Dyck, Jan Breughel, der österreichischen und rumänischen Schule". Die letzten beiden Dinge machen eigentlich so ziemlich alle Bilder aus. Das soll nicht bedeuten, dass die Bilder schlecht sind, aber bei einer großen Ankündung von drei sehr bedeuteten Künstlern erwarte ich dann doch mehr als nur je ein Bild, das dazu nicht gerade zu den bekannten Gemälden gehört. Es hängen sogar noch ein Tiziano (sagt Christoph) und ein nachgemalter Tiziano hier! Okay, das klingt jetzt so negativ. Das Museum ist echt schön, ein Besuch ist schon interessant, aber wir hatten aufgrund eines Reiseführers leider Erwartungen, die nicht erfüllt wurden.

War das vor dem Museum oder doch erst danach? Auf jeden Fall müssen wir zur 'Agenţie de Voiaj CFR', denn nur dort (und nicht am Bahnhof) können wir die Fahrkarten für morgen nach Braşov kaufen. Am Bahnhof gibt es nur die Fahrkarten für die Züge, die jeweils in den nächsten zwei Stunden abfahren. Naja. Das Reisebüro der rumänischen Eisenbahn befindet sich direkt neben angeblich Sibius luxuriösestem Hotel, dem 'Hotel Împăratul Romanilor'. Die Inneneinrichtung des Verkaufsbüros stammt jedoch auch schon aus den vergangenen Jahrzehnten. Hinter den Schaltern mit Scheiben sitzen die Angestellten mit ihren Listen, auf denen wohl noch die freien Plätze verzeichnet sind (ein Computersystem scheint es nicht zu geben, geschweige denn einen Computer! - ok, doch, aber nur am internationalen Fahrkartenschalter) und hin und wieder greifen sie zum Telefon. Wir haben uns so den Zug gegen 8 rausgesucht. Doch am Schalter erfahren wir, dass genau der Zug nicht mehr fährt. Entweder den um 6.31 Uhr oder den um 10.47 Uhr. Weil die Schlange nicht gerade kurz ist, müssen wir uns schnell entscheiden und nehmen den Rapid um...6.31 Uhr! Das macht 24,70 neue Lei pro Person. Verdammt, müssen wir dann morgen früh raus!

Der Magen verlangt nach etwas Essbarem. In der Fußgängerzone Str Nicolae Bălcescu entscheiden wir uns für den Kebab-Sandwich-Laden, an dem viele Leute anstehen. Ich bekommen meinen Kebab mit Pommes und Ketchup, auf Mayo verzichte ich gerne. Mit dem Döner in der Hand schauen wir mal beim alten Rathaus vorbei (Fotos dürfen im Innenhof nur mit gekaufter Erlaubnis gemacht werden! Da steht nämlich echt jemand herum und kontrolliert das.) und bei der orthodoxen Kathedrale. Sie sieht ganz ähnlich aus wie die orthodoxen Kirchen, die wir letztes Jahr in Griechenland gesehen haben. Nur ein Priester schaut etwas böse auf Christophs Knie, die nicht bedeckt sind. Kurz vor der Kathedrale hat sich übrigens der Ketchup des Döners an mir gerächt, denn er hat mich mit Flecken übersäht. Das ist also die Strafe dafür, wenn man Ketchup auf den Döner tut. 

Wir schlendern gemütlich durch den 'Parcul Astra', an der Rückseite der Universität vorbei, wieder durch ein paar Straßen, finden einen blau verglasten Kasten einer Bank mitten in einem Wohngebiet und landen schließlich auf dem Parkplatz neben dem 'Hotel Parc', einem großen Hotelkasten, der gerade renoviert wird. Hier sollen laut der Frau aus der Touristeninformation die Maxitaxis nach
Sighişoara abfahren - und wir finden unseres auch recht schnell. Es stehen noch ein paar wenige andere Maxitaxis und Buss dort, ja es gibt sogar richtige Fahrpläne, denn zum Beispiel fährt von hier aus auch ein Bus bis nach Deutschland oder Barcelona! Der Fahrer lässt uns erst mal in den Minibus, bezahlt wird nachher, als er mal durch die Reihen geht. Als Fahrkarten gibt es so eine Art Streifenkarte, auf der mehrere Beträge stehen und je nach Ort wird dann das Ticket an einem bestimmten Betrag abgetrennt und bezahlt.

Auf der Fahrt nach
Sighişoara ist es warm, die Musik schlecht (zuerst Radio, das geht ja noch; nur warum läuft hier immer noch 'Modern Talking'? Und diese Kassette mit lauter, nerviger rumänischer(?) Volksmusik hätte später echt nicht sein müssen!), aber der Blick aus dem Fenster ist echt faszinierend. Die Landschaft ist wirklich schön, die Orte oftmals solche ewig langen Straßenkäffer, wie es sie bei uns im Odenwald und im Spessart auch gibt, mal mehr, mal weniger schön hergerichtet, und es sind teilweise wirklich kuriose Gefährte unterwegs. Das krasseste ist die Karosserie eines Autos, die auf einen pferdebespannten Wagen montiert ist. Normale Pferdefuhrwerke gibt es natürlich auch zur Genüge, die dann natürlich auch sofort überholt werden müssen. Die Fahrt dauert auch ein ganzes Stück länger als geplant. Irgendwann sind wir immerhin schon mal in Copşa Mică, das sich vor allem durch ziemlich herunter gekommene schrottreife Industrieanlagen bemerkbar, bald kommt auch Mediaş, das wohl eine nette Altstadt besitzt.

So, endlich am Bahnhof von
Sighişoara angekommen. Keine ermüdend laute Volksmusik mehr. In Dosen ist sie bestimmt gar nicht mal so schlecht, aber nicht eine ganze Kassette davon nonstop! Noch schnell abgecheckt, wann der Bus zurückfährt - 20 Uhr, passt -, dann laufen wir in Richtung Zentrum. Beim Sowjetischen Kriegsdenkmal befindet sich auf der anderen Straßenseite ein abbruchreifes Ziegelsteinhüttchen. Nicht weiter spannend. Eigentlich. Plötzlich taucht eine dicke ältere Frau mit zerfurchtem Gesicht auf, die sich an ihrem langen, schwarzen Rock etwas zurechtzupft und an diese Ziegelsteinwand pinkelt! Einfach so, mitten am helllichten Tag! Wie dreist ist das denn?

Dieses Bild von
Sighişoara, das übrigens zu deutsch Schässburg heißt, wird aber schnell durch ganz viele andere ersetzt. Zunächst durch die orthodoxe Kathedrale und kaum später durch den Anblick der Burg, in der sich die Altstadt befindet, die wie in Sibiu auch zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Hoch oben auf einem kleinen Berg thront sie über der Stadt. Durch kleine Gassen und Treppen kommen wir nach oben und betreten durch den Stundturm, das unverkennbare Markenzeichen der Stadt mit dem bunten Dach, die Stadt. Der erste Eindruck: Fantastisch! Ganz viele andere Leute sehen das wohl genauso, denn es ist ordentlich was los. Gleich als erstes mag ich den Stundturm auch besteigen. Dazu darf man für seine 2,50 neue Lei auch gleich das 'Muzeul de istorie' besuchen. Eine Fotoerlaubnis kostet übrigens extra. Das Museum bietet ein paar alte Apothekersachen, ein paar alte Möbel, eine Ausstellung zur Stadtgeschichte und eine zu einem berühmten Sohn der Stadt, der sich mit der Raumfahrt beschäftigt hat. Dabei gelangen wir immer weiter die schmalen Treppen des Turms hinauf, vorbei am Uhrwerk, bis wir schließlich ganz oben stehen und einen Blick hinunter auf die Stadt werfen können. Sighişoara verzaubert einfach. Als ob die Zeit teilweise still gestanden hätte.

Wieder unten, laufen wir etwas durch die Altstadt, laufen den Berg noch einmal halb hinunter, um ein Eis zu kaufen und eine Flasche zu trinken, marschieren wieder nach oben und landen an der Schülertreppe, einer überdachten Treppe, die den Berg innerhalb der Burg hinaufführt zur Bergkirche und der deutschen Schule. Ganz oben an der Treppe sitze eine bettelnde Frau mit ihren beiden Kindern.

Hier oben ist es ziemlich ruhig und beschaulich inmitten des ganzen Grüns. Für je 2 neue Lei dürfen wir mal einen Blick in die gotische Kirche werfen, in der auch sehr viel auf Deutsch erklärt wird. Hinter der Kirche liegt ein wunderschöner Friedhof - auch hier wieder mit jeder Menge deutschsprachiger Grabsteine. Ein Ort der Stille und Ruhe - bis der Rasentrimmer kommt bzw. eher elektrische Sense oder wie auch immer das Gerät heißt. Christoph kennt es und hat auch schon damit gearbeitet, ich hab so was noch nie gesehen.

In der Altstadt machen wir uns langsam mal auf die Suche nach einem schönen Lokal zum Abendessen. Als Christoph kurz auf der öffentlichen Toilette verschwindet, werde ich von einer Frau angesprochen, die mir ihr ganzes vor sich ausgebreitetes kunsthandwerkliches Sortiment vorstellt. Doch das meiste ist mir erstens zu teuer und zweitens müsste ich es ja auch noch die ganze restliche Tour mit mir schleppen. Essenstechnisch entscheiden wir uns für das 'Casa Dracula', das Haus, in dem der Vater des Dracula-Vorbilds Vlad Ţepeş während seines Exils hauste, zumal der Lonely Planet meint (lassen wir uns eigentlich zu sehr von unseren Reiseführern leiten!?), dass es sich hierbei definitiv nicht um eine Touristenfalle handelt. Nun ja, ganz ehrlich: Ein bisschen muss ich da ja schon widersprechen, denn das Essen ist nicht gerade billig und sieht dafür noch nicht mal besonders aus. Tja, so kann man an einem bisher recht billigen Tag doch noch etwas Geld raushauen. Außer uns war übrigens genau ein Tisch noch besetzt hinten auf der Dachterrasse.

Viel zu schnell erreichen wir wieder den Bahnhof. Fast eine halbe Stunde müssen wir noch warten, bis unser Bus kommt. Wir machen es uns auf einer Bank bequem. Vor dem Bahnhof liegt ein Hund herum, der sich nur hin und wieder mal ein bisschen bewegt. Irgendwann kommt er zu mir und räkelt und streckt sich vor mir, während er sehr seltsame Laute von sich gibt, bis mir mal klar wird: Der bettelt ja. Dumm nur, dass ich erstens leider nichts für ihn habe und zweitens wäre er mir wohl sonst auch gar nicht mehr von der Seite gewichen - gerade mir, als alten Hundefreund (Achtung, Ironie!).

Der Bus kommt pünktlich. Dieser Fahrer möchte allerdings, dass wir zuerst bezahlen, bevor wir uns Plätze suchen. Will halt jeder anders, kann man ja nicht wissen. Ob die Rückfahrt schneller geht? Ich kann's nicht so genau sagen. Auf jeden Fall wird es unterwegs langsam dunkel. Zum Glück sind nicht mehr so viele LKWs unterwegs wie auf der Hinfahrt. Nicht weit vor Sibiu steigen zwei recht cool angezogene Jugendliche ein. Einen Ort weiter winkt ein Mann dem Bus, der noch so angezogen ist wie vielleicht vor 100 Jahren. Auf jeden Fall erinnert es sehr an eine Tracht, nur dass das wohl seine Alltagsklamotten sind. Bizarr.

Der Abend ist schon fortgeschritten, als wir Sibiu so zwischen halbzehn und zehn erreichen. Da der Bus bzw. das Maxitaxi besser gesagt am Bahnhof hält, steigen wir dort auch gleich aus. Wir laufen noch einmal quer durch die Altstadt den bekannten Weg von gestern Mittag direkt zu unserer Pensiune, bevor wir uns in unser schönes Bett fallen lassen. Christophs Socken sind übrigens trocken. Die Sonne hat ja heute auch sehr ausgiebig den Tag über geschienen.

FAHRTENBUCH

abfahrt start ziel dauer km typ preis
13.00 Sibiu  Sighişoara 1h25 91 Maxitaxi 10RON*
20.00 Sighişoara Sibiu 1h25 91 Maxitaxi 7RON
  Sibiu Sibiu 2h50 182   17RON
*RON=lei noi=neuer Lei (10RON = ca. 3,5€), seit 1.7.2005 parallel in Verwendung mit dem alten Lei (10RON=100.000 alte Lei)


Das eindeutige Wahrzeichen Sighişoara ist der Stundturm, der auch bestiegen werden kann.


weitere Bilder aus Sighişoara










































































































































































































































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