1490KM VON WUPPERTAL WEG
Wir wissen nicht genau, wann
wir wie heute von Levoča
nach Košice kommen. Das heißt,
eigentlich wissen wir nur nicht genau, wie wir nach Spišská Nová Ves
kommen. Laut Lonely Planet soll ja eine Bahn fahren. Deshalb stehen wir
einfach mal so aufs Geratewohl auf.
Als wir das Hotel verlassen, ist niemand da. Na gut, dann lassen wir den
Schlüssel halt einfach an der Rezeption liegen. Was der andere Mann,
der auch etwas ratlos vor der Theke stand, letztendlich gemacht hat,
wissen wir nicht. Wir wollen zum Bahnhof. Unterwegs kommen wir wieder an
dem Haus mit dem Kläfferhund vorbei, der mir bei unserer Ankunft und
dem Gang durch die stockdunkle Straße schon etwas Angst gemacht hat.
Hat er diesmal überhaupt gebellt?
Hm. Der Bahnhof macht einen ziemlich verlassenen Eindruck. Es hängt
kein Fahrplan aus, alle Türen sind verschlossen und ein Fenster ist
eingeschlagen. Merkwürdig. Offenbar haben sie den Betrieb hier
eingestellt. Zum Glück ist der Busbahnhof ja nur ein paar Meter weiter,
doch dort verpassen wir gerade den Bus um 9.15 Uhr. Ist aber kein Drama,
denn der nächste fährt schon in einer halben Stunde. Die Zeit nutzen
wir für einen ausgiebigen Frühstücks-Einkauf beim 'Billa' und essen
dann auch gleich, während wir draußen am Bussteig warten. In der Nähe
- aus der Richtung, aus der die ganzen Leute hierher kommen - bellen
durchwegs irgendwelche Hunde.
Der Bus nach Spišská
Nová Ves ist mal wieder nicht der neueste und auch nicht der
schnellste. Der Fahrer schaltet ständig in den Leerlauf und lässt den
Bus rollen. Trotzdem sind wir recht schnell dort.
Da wir keinen Plan haben, wo der Bahnhof genau ist, steigen wir an einer
Haltestelle vor dem 'dom kultúry' aus, weil viele aussteigen und die
Bahngleise nicht weit von hier sind. Jetzt können wir auch mal einen
Blick in den Lonely Planet werfen und stellen fest, dass wir auch bis
zum Busbahnhof hätten fahren können, denn der ist direkt neben dem
Bahnhof. Aber wir sind auch nicht so weit weg und machen uns zu Fuß auf
den Weg dorthin. Wir begegnen einem jungen Mann mit Beinprothese, der
gekonnt den vielen Pfützen auf dem Gehsteig aus dem Weg geht.
Am Bahnhof kaufen wir die Tickets nach Košice
und auch gleich die Tickets für morgen nach Miskolc in Ungarn, wobei
sie uns aber zuerst nur eines verkaufen will.
Nach einer Weile gehen wir raus auf den Bahnsteig. Es zieht ein bisschen
und kühl ist es auch, wenn auch immerhin trocken. Kurze Zeit später
kommt die Durchsage: Unser Zug hat eine Viertelstunde Verspätung. Eine
Frau mit goldener Jacke treibt sich auch an unserem Gleis herum.
Dafür, dass der Zug aus dem tschechischen Františkovy Lázně
kommt, ist ja eine Viertelstunde Verspätung noch ziemlich gut. Im
Abteil sitzen wir mit einem alten Mann, der irgendwann aussteigt. Graue
Wolken hängen überall, aber es gibt schöne Hügel und Wälder entlang
der Strecke.
Košice kündigt
sich mit großen, unendlichen Wohnblöcken an. Aber kein Wunder, es ist
ja auch die zweitgrößte Stadt des Landes. Der Bahnhof selbst ist
leider auch kein architektonisches Meisterwerk.
Durch den Stadtpark geht's an einer burgähnlichen Villa in die
Fußgängerzone auf die Kathedrale, die wir aber erst einmal links
liegen lassen (die schweren Rucksäcke *ächz* *stöhn*) und statt
dessen rechts zum Touristenbüro abbiegen. Dort empfiehlt uns die Frau
das 'K2' in der Štúrová 32, in dem ein Doppelzimmer 660Sk kosten
soll. Ich glaube allerdings, dass wir etwas mehr (so etwas über 700Sk)
bezahlt haben. Im Lonely Planet ist dieses Hostel ebenfalls erwähnt.
Vom dort aufgeführten etwas billigeren Studentenwohnheim am Stadtpark
rät sie uns allerdings ab. Das wäre nicht schön.
Okay, wir befolgen ihre Empfehlung und machen uns auf den Weg zum 'K2'.
Unterwegs springt uns ein gelbes, deutsches Straßenschild ins Auge, das
den Weg nach Wuppertal weist! Speziell für Jenni aus Wuppertal haben
wir es auch fotografiert und wollen es ihr daher auch ganz besonders
widmen. :-) Zu diesem Zeitpunkt haben uns auch "nur" 1490
Kilometer von ihr getrennt!
Die Herberge gehört einem Sportverein und befindet sich im geräumigen
Dachstuhl. Alles ist mit dunklem Holz verkleidet. Auf der Toilette
stinkt's ein bisschen, aber sonst ist's schon okay. Ist auf jeden Fall
alles sauber.
Zurück im Herzen der Stadt klappern wir der Reihe nach mal die
Sehenswürdigkeiten ab. Zuerst natürlich den schönen gotischen 'Dom sv.
Alžbety', auf dessen Turm wir heute leider nicht steigen dürfen.
Direkt daneben befindet sich der Urban-Turm, in dem sich u.a. ein
Lapidarium befindet, auch wenn wir es nicht besichtigt haben (und ich
eben bei Wikipedia überhaupt erst erfahren habe, was ein Lapidarium
eigentlich ist, denn in Osteuropa ist uns diese Art von
"Attraktion" doch häufiger begegnet). Ein paar Schritte
weiter steht man auch schon vor dem 'Singenden Brunnen', der mit
kitschigen Instrumentalversionen bekannter Popsongs vor dem hübschen
Staatstheater aufwartet. Unser Weg führt weiter an der Jesuitenkirche
und ein paar anderen historischen Gebäuden vorbei, bevor wir beim
Ostslowakischen Museum landen, in dem es einen Goldschatz zu besichtigen
gibt. Doch wir lassen das, werfen nur einen Blick auf die kleine
Holzkirche dahinter und gehen wieder zurück die Hlavná entlang.
Der Hunger treibt uns zu der vom Lonely Planet empfohlenen 'Bagetéria',
aber die gibt's nicht mehr. Ich fühl mich ziemlich schwach auf den
Beinen und brauch dringend was zu essen - egal was. Auf der anderen
Straßenseite ist ein gigantisches Kaffeehaus, doch hier gibt's
hauptsächlich Eis und Kuchen. Darum laufen wir ein Stück zurück zum
Tesco und entschließen uns, Baguettes selber zu machen, doch wir finden
nicht, was wir wollen und belassen es bei Luftschokolade und etwas zu
trinken.
Allmählich ist mein Akku fast leer. Ich brauche was zu essen! Meine
Arme und Hände zittern schon, wenn ich sie ausstrecke und auch die Knie
sind ganz weich. Also gehen wir zum Pizza Hut, der direkt beim Tesco ist. Da
ich nicht mehr in der Lage bin, klar zu denken (und Christoph nicht
entscheiden will), bestell ich einfach
irgendeine Pizza für uns beide von der slowakischen Speisekarte, von
der ich nur manche Sachen verstehe (syr=Käse, šunku=Schinken usw.).
Leider bekommen wir eine, die ich normalerweise nie bestellen würde,
denn die Pizza ist mit Wurst und Zwiebeln. Naja, geht trotzdem.
An der Universität und der Henkerbastei vorbei führt uns der Weg zur
Hrnčiarska, einer Gasse, die zur Handwerker- und Souvenirgasse
ausgebaut worden ist. Die Läden sind wirklich schön und nett, aber was
es dort gibt, ist für Backpacker oft zu teuer oder nicht
rucksackkompatibel, schließlich rennen wir ja noch fast vier Wochen mit
unserem Rucksack durch die Gegend. Das Hauptproblem dürfte allerdings
sein, dass es de facto keine Touristen gibt, die sich wirklich hierher
verirren - zwei andere vielleicht noch (ein älteres Pärchen), mehr
haben wir wirklich nicht gesehen.
In einem Buchladen kaufen wir Postkarten und wollen auch gleich
Briefmarken dazu kaufen, aber sie kriegt den passenden Wert leider nicht
zusammen. Na gut, dann nehmen wir schon mal die großen Marken und
machen uns auf die Suche nach den noch fehlenden Marken, um das Porto zu
vervollkommnen. In anderen Buchläden leider Fehlanzeige. Wir werden
durch die Gegend geschickt zu einem Kiosk beim Urban-Turm, wo die Frau
nur Slowakisch spricht. Nachdem mal klar ist, was wir überhaupt wollen,
teilt sie uns mit, dass auch sie leider nicht die Briefmarken hat, die
wir brauchen.
Wir laufen die Mlynská lang, über die wir heute Mittag vom Bahnhof
schon bereits gekommen sind, zum Jakab-Palais, einem mittelalterlich
anmutenden Gebäude, das Christoph vorhin total übersehen hat, wie auch
immer er das geschafft hat. Einmal um 180 Grad Kehrt gemacht und
schwupps, stehen wir auch schon wieder in einem Buchladen. Der hat zwar
gar keine Briefmarken, dafür aber ein ganz tolles riesiges Buch über
moderne Architektur, in dem Projekte aus der ganzen Welt vorgestellt
werden. Ein ganz tolles Buch, in dem man unglaublich lange blättern
kann.
Einige Meter weiter landen wir abermals in der Hauptstraße. Nicht, dass
wir hier heute schon genug Zeit verbracht hätten...
Oh, schon sechs. Wir sollten uns mal auf den Weg zur Post machen. An
einem Schreibwarenladen kommen wir vorbei. Leider keine Briefmarken. Ein
Kiosk. Keine passenden Briefmarken. Jetzt aber hurtig. Das riesige Post-
und Telekomhaus ist zum Glück nicht so weit - und zum Glück hat die
Post hier auch sehr kundenfreundliche Öffnungszeiten. Das Holen der
Briefmarken geht recht fix und ehe wir uns versehen, stehen wir auch
schon wieder in der Hauptstraße.
Aus einem Haus beim 'Singenden Brunnen' duftet es ganz lecker und es
stehen auch jede Menge Leute an. Ein gutes Zeichen, oder? Also
entschließen wir uns, auch mal so einen Kringelturm zu probieren. Mit
Kokos oder Schoko? Leider nein. Vanille? Keine Ahnung, was die Frau
genau gesagt hat. Entweder haben wir einen mit Vanillezucker gekriegt
oder es ist normaler Zucker. Gut schmeckt das Teil aber trotzdem. Vor
allem ist es noch so offenfrisch warm! Mmh! Wir sitzen am Brunnen und
lauschen dessen musikalischen Ergüssen, während wir essen.
Kaum haben wir uns wieder erhoben, werden wir von einer
Jesus-Kinder-CD-Verkäuferin angesprochen. Damit soll ein Kinderheim in
der Ukraine unterstützt werden. Sie ist ziemlich hartnäckig, wenn auch
ganz nett. Allerdings kann sie uns mit ihrer CD nicht wirklich
begeistern. Und ein Fan solcher Straßenaktionen war ich sowieso noch
nie.
Irgendwie geht der Abend rum. Gegen 19.30 Uhr schauen wir mal ins Dragov
Einkaufszentrum, vor dem wir das Wuppertal-Schild gesehen haben. Es
besteht eigentlich aus lauter kleinen Läden, die manchmal gescheite
Sachen verkaufen, oft aber auch eher einen ramschigen Einruck
hinterlassen. Wir machen uns weiter noch mal aufs Zimmer zum
Postkarten schreiben, auch wenn Christoph eigentlich gegen das Hin- und
Hergelaufe ist, aber eigentlich haben wir vom Zentrum ja alles gesehen,
was für einen Touristen interessant ist.
Fürs Abendessen machen wir uns noch einmal in die Hauptstraße. Dort
ist inzwischen vor allem die Jugend der Stadt unterwegs. Uns zieht es
ins
Bakchus
in der Hlavná 80, nicht nur, weil es auch im Lonely Planet erwähnt
ist, sondern weil die Atmosphäre gemütlich und die Preise ganz okay
sind. Das Essen ist es dann glücklicherweise auch. Als wir bezahlen,
will Christoph, der in der Slowakei unser Geld verwaltet (ich hatte in
Tschechien das Geld), ein etwas komisches Trinkgeld geben, was der
Kellner auch nicht so ganz zu verstehen scheint, weshalb ich dann doch
mal die Situation auflöse, indem ich einfach sage, dass es so passt.
Inwiefern ihn das gestört hat, weiß ich nicht genau. Normalerweise
misch ich mich da ja nicht so ohne weiteres ein. Naja. Inzwischen ist es
jedenfalls dunkel und kalt geworden, sodass wir uns schnellen Schrittes
auf unser Zimmer machen.
FAHRTENBUCH |
abfahrt |
start |
ziel |
dauer |
km |
typ |
preis |
9.45 |
Levoča,aut.st. |
Spišská
Nová Ves |
0h17 |
12 |
Bus
SAD |
18Sk |
10.54 |
Spišská
Nová Ves |
Košice |
0h56 |
75 |
R |
118Sk |
 |
|
Levoča |
Košice |
1h13 |
87 |
|
136Sk |
 |
Der
Bus auf der Strecke nach Spišská Nová Ves wird vom SAD
Poprad betrieben (siehe http://www.sadpp.sk). |
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Mitten in Košice
weist ein gelbes, deutsches Straßenschild den Weg nach Wuppertal.
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